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«Das, was die Leute wollen, verändert sich laufend und schnell.»
«Das, was die Leute wollen, verändert sich laufend und schnell.»

«Das, was die Leute wollen, verändert sich laufend und schnell.»

Hotels und Destinationen bieten immer mehr, auch ein Mehr an Qualität. Und sie stehen vor Herausforderungen. Zusammen mit Claudia Züllig-Landolt beleuchten wir die Sonnen- und Schattenseiten der Tourismusbranche, Fakten und Chancen. Und das, was Gäste wirklich wollen.

Text: Petra Caviezel / Bild: Petra Caviezel, Karine & Oliver Photography

Frau Züllig-Landolt, Sie sind nicht nur Gastgeberin im Hotel Schweizerhof in Lenzerheide: Als Vizepräsidentin des Vereins Zauberwald Lenzerheide betreiben Sie auch Destinationsmanagement, engagieren sich für die Ausbildung in der Branche und sind Vorstandsmitglied des Vereins Mitarbeiter-Sharing. Sie kennen die verschiedenen Facetten der Tourismusbranche in- und auswendig. Was sind die aktuellen Herausforderungen? 
Die Gäste sind immer mehr in Bezug auf die Qualität und die Dienstleistungen, die wir bieten, sensibilisiert – sei es in den Destinationen oder in den Hotels. Wir bieten eine immer höhere Qualität, weil die Gäste dies erwarten. Dadurch steigen die Kosten. Das ist eine grosse Herausforderung im Bereich Kostenmanagement. Eine weitere Herausforderung besteht darin, Nachwuchskräfte zu finden. Fachleute mit einer guten Ausbildung sind rar. Für uns sind gut ausgebildete und motivierte Mitarbeitende sehr wichtig. Wir investieren daher laufend Energie und Geld, um sie zu motivieren, möglichst lange bei uns im Hotel zu bleiben. Auch hier heisst die Lösung «Qualität und Dienstleistung», zum Beispiel in Form von Weiterbildungen oder der Nutzung von internen Angeboten. «Qualität und Dienstleistung» – das können Arbeitgebende ihren Mitarbeitenden genauso bieten wie ihrer Kundschaft respektive ihren Gästen.

Claudia Züllig-Landolt ist Gastgeberin im Hotel Schweizerhof (Lenzerheide), engagiert sich als Vizepräsidentin im Verein Zauberwald sowie als Vorstandsmitglied im Verein Mitarbeiter-Sharing und ist in der Branchenausbildung tätig.
Claudia Züllig-Landolt und Andreas Züllig führen gemeinsam das Hotel Schweizerhof in Lenzerheide.
Das Hotel Schweizerhof in Lenzerheide

Was sind die Herausforderungen in Graubünden, verglichen mit dem Unterland?
Wegen der unmittelbaren Nähe zum Ausland stehen die Preise bei uns in den Bergregionen unter grösserem Druck. So sind in den Bergen die Logiernächte-Zahlen zurückgegangen, während diese in den Städten zunehmen. Städtereisen liegen im Trend – weltweit. Ich persönlich bin jedoch überzeugt, dass Ferien in den Bergen in Zukunft an Attraktivität gewinnen werden.

«Als Arbeitgeberbetrieb müssen wir unseren Mitarbeitenden etwas bieten und für ihr Wohl sorgen.»

Immer mehr Betriebe entwickeln Zusatzangebote und möchten gewisse Nischen besetzen. Sie bieten eine spezielle Kulinarik, aussergewöhnliche Freizeitaktivitäten und so weiter. Wie wichtig sind solche Ansätze? 
Noch vor ein paar Jahren waren die Unternehmen überzeugt, dass es wichtig ist, spezifische Anspruchsgruppen anzusprechen. Heute lassen sich die Menschen nicht mehr so leicht in Gruppen einordnen. Sie sind offener und möchten Verschiedenes ausprobieren. Ich glaube deshalb nicht, dass man mit dem Besetzen von konkreten Nischen eine grössere Kundschaft abholen kann. Viel wichtiger ist es, die Bedürfnisse der Gäste zu erkennen. Als Gastgeberin bin ich nahe bei den Gästen und spüre relativ rasch, wie sich die Bedürfnisse verändern. Heute gehört zum Beispiel veganes und gesundes Essen im Hotel dazu, das Bedürfnis ist da. Wer das nicht erkennt und umsetzt, verliert Gäste. Die laufenden Anpassungen der Angebote und Dienstleistungen sind eine Herausforderung. Es ist wichtig, dass angehende Fachkräfte lernen, wie man Dienstleistungen optimiert. Die Studienrichtung Service Design der FH Graubünden geht genau in diese Richtung.

«Es ist wichtig, dass angehende Fachkräfte lernen, wie man Dienstleistungen optimiert.»

Man spricht nicht mehr von klassischen Winterdestinationen. Was suchen die Gäste?
Die klassische Skifahrerin, den klassischen Skifahrer gibt es heute nicht mehr. Unsere Gäste erwarten Erlebnisse – am Berg und im Hotel. Sie reisen spontan an, stehen am Morgen auf und entscheiden dann, was sie tun möchten. Unser Hotel ist auch im November geöffnet und die Bergbahnen sind auch im Mai in Betrieb, denn die Gäste erwarten auch in der Zwischen-saison die volle Dienstleistung. Und sie möchten etwas Spezielles erleben. Das ist auch das Konzept des Zauberwalds. Dass das Lichterspektakel so erfolgreich sein würde, konnten wir natürlich nicht wissen, als wir es 2012 initiiert haben. Wir haben wohl einfach das Richtige im richtigen Moment getan.

Der Anteil der Schweizer Gäste in unseren Bergregionen nimmt zu. Was heisst das für die Destinationen und für die Hotels? 
Schweizer Gäste sind mobil und schnell in den Bergen. Das heisst, dass die Kurzfristigkeit noch mehr zunehmen wird, die Aufenthaltsdauer hingegeben wird immer kürzer. Schweizer Gäste buchen kurzfristig und bleiben oft nur für eine Nacht. Für die Hotels und Destinationen bedeutet das, jederzeit bereit zu sein. Die Menschen werden immer spontaner, sie suchen Erholung und Unterhaltung gleichzeitig. Das möchten und müssen wir unseren Gästen ermöglichen.

Wie finden Sie heraus, was Ihre Gäste wollen? Was wohin passt, und wann? 
Das, was die Leute wollen, verändert sich laufend und schnell. Ich arbeite im Hotel aktiv mit. Es ist mir wichtig, nahe bei unseren Gästen zu sein. So spüre und erkenne ich ihre Bedürfnisse, kann diese annehmen und Dinge anpassen. Durch meine Engagements ausserhalb des Hotels bekomme ich laufend neue Impulse. Im Verein Mitarbeiter-Sharing beispielsweise kann ich mich mit anderen Hoteliers austauschen. Beim Unterrichten von überbetrieblichen Kursen erlebe ich, wie sich die Unterrichtsformen verändern und was die Bedürfnisse von angehenden Fachleuten sind. Das alles gibt mir eine konkrete Sicht von aussen. Diese Aussensicht und die Nähe zu den Gästen helfen mir dabei, Wünsche wahrzunehmen und die Richtung zu erkennen, in die es in Zukunft geht.

In der Branche spricht man von einem dringend zu lösenden Fachkräfteproblem. Was genau sind die Schwierigkeiten?
Die Schwierigkeit besteht darin, gut ausgebildete Leute zu finden, die im Betrieb bleiben. Ich spreche jedoch lieber von Herausforderung als von Schwierigkeit. Als Arbeitgeberbetrieb müssen wir unseren Mitarbeitenden etwas bieten und für ihr Wohl sorgen. Wenn sie sich wohl fühlen, bleiben sie länger bei uns oder kommen wieder zurück. Unsere Branche ist eine attraktive Branche und ich bin überzeugt, dass das auch in Zukunft so sein wird. Wir arbeiten für Feriengäste, die ihre Zeit geniessen möchten und meist sehr dankbar sind. Das macht Freude. Natürlich sind Jobs in der Gastronomie keine konventionellen Jobs. Unregelmässige Arbeitszeiten zum Beispiel bringen aber durchaus auch Vorteile. Die Teams sind oft jung, der Umgang untereinander ist unkompliziert und das Arbeitsklima gut. Nach meinem Empfinden haben die Leute in der Hotellerie viel Spass an ihrer Arbeit.

«Mir wurde wohl schon eine grosse Portion Power in die Wiege gelegt.»

Sie sind seit 27 Jahren Gastgeberin im Schweizerhof und sprühen vor Begeisterung. Wie kann man Freude und Motivation im Job über so lange Zeit bewahren?
Ich liebe meinen Job, bin mit Herz und Seele Gastgeberin. Das klappt aber nur deshalb so gut, weil ich nebenbei noch anderes tue. Ich brauche den Impuls von aussen, er hilft mir, kreativ zu bleiben. Durch die Sicht aus anderen Perspektiven auf unser Hotel und unsere Destination entstehen neue Ideen. Die Umsetzung dieser Ideen ist dann natürlich ein anderes Thema, aber es müssen ja nicht immer Grossprojekte sein. Oft kann man mit kleinen Dingen viel erreichen – sehen, wie aus einer Idee etwas entsteht, das dann einfach wunderbar passt. Zu sehen, wie das Ergebnis einer Idee den Gästen oder den Mitarbeitenden Freude bereitet, das macht mich glücklich und erfüllt mich mit unheimlich viel Motivation. Wenn man laufend Bewegung in seinen Berufsalltag bringt, geht die Freude daran nicht verloren. Ausserdem tut es gut, sich für anderes – auch für neue Dinge – ausserhalb des Jobs zu engagieren. Das bringt vielleicht vorübergehend eine grössere Belastung mit sich, es kommt aber immer viel dabei zurück. Ich bin ein Herz-Typ. Die Begeisterung der Menschen zu spüren, tut mir gut.

Wie bekommen Sie alles unter einen Hut? 
Mir wurde wohl schon eine grosse Portion Power in die Wiege gelegt. Ausserdem bin ich sehr robust und gesund. Und ich habe das Privileg, in einem Hotel zu leben. Ich muss nicht einkaufen, nicht kochen und keine Wäsche waschen. Wenn ich all diese Stunden zusammenzähle, kommt einiges zusammen. Diese Zeit kann ich effektiv nutzen für all die Dinge, die mir Freude machen und mir schlussendlich helfen, eine gute Gastgeberin zu sein. Ich betrachte das als grosses Privileg und bin dankbar dafür. Die Freude, die ich von unseren Gästen und auch von Mitarbeitenden zurückbekomme, gibt mir immer wieder einen Vorwärts-Schub. Wenn man Spass an der Arbeit hat und gesund ist, bringt man vieles unter einen Hut.

Über Claudia Züllig-Landolt

Gemeinsam mit ihrem Mann führt Claudia Züllig-Landolt seit 27 Jahren das Hotel Schweizerhof in Lenzerheide. Sie ist Vizepräsidentin des Vereins Zauberwald Lenzerheide und Vorstandsmitglied des Vereins Mitarbeiter-Sharing. Ausserdem setzt sie sich für die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften in der Branche (bei HGT, Hotel-Gastro-Tourismus) ein.

Über das Hotel Schweizerhof, Lenzerheide

Das Familien- und Wellness-Hotel mit dem grössten Hammam der Bündner Alpen beschäftigt im Winter 125 und im Sommer 80 Mitarbeitende und generiert jährlich rund 35’000 Logiernächte.

Über den Zauberwald Lenzerheide

Das Sinnesfestival der Lenzerheide wurde im 2017 bereits zum fünften Mal durchgeführt. Das vorweihnachtliche Lichterspektakel begeistert die Besucherinnen und Besucher auch in Form von Konzerten und Kulinarik.

Über den Verein Mitarbeiter-Sharing

Die Plattform setzt sich für den Austausch von Fachkräften ein. Hotel- und Gastronomiebetriebe aus Sommer- und Winterregionen bieten gemeinsam berufliche Ganzjahresperspektiven.

Beitrag von

Petra Caviezel

Organisationsassistenz