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Projekt
Optimierung der Coanda-Rechen für den Fischabstieg
Projekt auf einen Blick

Projekt auf einen Blick

In der alpin geprägten Schweiz gibt es Hunderte von Wasserfassungen, die zur Energiegewinnung genutzt werden. Im Rahmen von Neukonzessionierungen und zur Erfüllung der gesetzlichen Gewässerschutz-Anforderungen muss eine Vielzahl der Anlagen bis 2030 saniert und für die Fischgängigkeit umgerüstet werden. Mit diesem Forschungsprojekt wurde die FH Graubünden mit der Fragestellung und Abklärung beauftragt, ob Coanda-Rechen für den Fischabstieg geeignet sind.

Ausgangslage

Ausgangslage

Die ersten Forschungsarbeiten für den Einsatz von Coanda-Rechen in Schweizer Gewässern wurden bereits 2015 aufgenommen. Bestehende Anlagen wurden im Teilprojekt I – mit Fokus auf hydraulische oder geschiebetechnische Fragestellungen – analysiert. Das Forschungsprojekt wird jetzt in Laborversuchen weitergeführt und konzentriert sich darauf, die Schluckfähigkeit und Ausscheidungsrate der Coanda-Rechen zu bestimmen. Darüber hinaus sollen Massnahmen zur Optimierung von Wasserfassungen mit Coanda-Rechen erarbeitet werden. Erweitert wird die Forschungsarbeit durch das Fortsetzungsprojekt Fischabstieg, welches biologische Fragen in Bezug auf die Forellen in den Vordergrund stellt. Es soll ergründet werden, ob Coanda-Rechen für den Fischabstieg geeignet sind und wie sie hierfür allenfalls optimiert werden können.

Fischgängigkeit als Voraussetzung zur Betreibung von Wasserkraftanlagen

Das neue Gewässerschutzgesetz verpflichtet die Inhaber von Wasserkraftanlagen, ökologische Beeinträchtigungen zu beseitigen und die Fischgängigkeit der Schweizer Fliessgewässer wieder herzustellen. Neuanlagen in Fischgewässern werden deshalb im Bewilligungsverfahren immer auf ihre Fischgängigkeit hin überprüft. Aus diesem Grund ist es essenziell, eine hohe Fischverträglichkeit bei Wasserkraftanlagen zu erreichen. Das Forschungsprogramm des Bundesamts für Energie BFE unterstützt zu diesem Zweck mehrere Forschungsprojekte an Hochschulen und Universitäten.

Der Schutz der Fische im Zentrum

Coanda-Rechen werden in der Schweiz zunehmend an Wasserfassungen von Gebirgsbächen eingesetzt. Die Gründe dafür liegen einerseits in der dadurch erzielten Abscheidung von Sandpartikeln, so dass idealerweise auf Entsander werden kann, andererseits in den gestiegenen Anforderungen an den Fischschutz. Beobachtungen an Lachs-Smolts (Junglachsen) zeigen, dass absteigende Fische im Allgemeinen vom Hauptstrom geleitet werden. Bei einer Abflussmenge bis zur Ausbauwassermenge der Zentrale haben die Fische die Tendenz, vor die Wasserfassung zu gelangen, von wo aus sie – falls es keine Rechen gibt – durch die Turbinen geschleust werden. Die erste Funktion einer Fischabstiegshilfe zielt deshalb auf den Schutz der Fische ab: Sie müssen von den Einrichtungen, die sie verletzen könnten, ferngehalten werden. Dieser Schutz kann aus Verhaltensbarrieren (Elektro- oder Schallfelder, Luftblasenvorhang, Lufteinblasen unter Druck usw.) oder physischen Barrieren (Rechen oder Abschirmungen) bestehen (BAFU, 2012).

Alpine Bachforelle aus dem Vorderrhein, Foto Armin Peter
Projektziel

Projektziel

Im Unterschied zu klassischen Sohlfassungen wie den Tiroler Wehren, welche die gesamte Aquafauna verschlucken, können selbst kleine Fische bei Coanda-Rechen nicht durch die engen Spalten zwischen den Stäben wandern – sie gleiten über die Oberfläche hinweg. Ziel ist es, den Fischabstieg an Coanda-Rechen in systematischen, ethohydraulischen Laborversuchen zu untersuchen. Dabei soll die Verletzlichkeitsrate – wie beispielsweise Schuppenverlust von Bachforellen – aufgezeigt und in einen Kontext gebracht werden. Folgende Parameter sind in diesem Zusammenhang zu beachten:

  • Grösse der Bachforellen
  • Konstruktion des Coanda-Rechens
  • Konstruktion der Zulaufstrecke
  • Auslegung des Unterwasserbeckens
Umsetzung

Umsetzung

Nach Fertigstellung der Versuchsanlage werden Versuche mit minimalen und maximalen Durchflüssen gefahren. Im Rahmen der Kapazitätstests, die ohne Zugabe von Feststoffen durchgeführt werden, kann das maximale Schluckvermögen der vorhandenen Rechen ermittelt werden. Nach Erteilen der veterinäramtlichen Bewilligung muss bei den Fischversuchen der Grenzdurchfluss des Coanda-Rechens für die Durchgängigkeit der Bachforellen ermittelt werden. Die Bachforellen werden dafür einzeln im Zulaufbecken platziert und akklimatisiert. Da sie sehr temperatursensibel sind, muss permanent auf eine konstante Temperatur geachtet und die Sauerstoffzufuhr gesichert werden. Nach Öffnung der Absperrung schwimmt der Fisch über den Coanda-Rechen, wird nach dem Passieren abgefangen, betäubt und intensiv auf Verletzungen hin untersucht (Schuppenverlust, Flossenverletzungen usw.). Nach der Untersuchung kommt der Fisch ins Aufwachbecken und von dort zurück ins Bassin. Ist die Versuchsreihe abgeschlossen, werden die Forellen wieder in ihrem Ursprungsgewässer ausgesetzt.

Projektstart in Planung

Gesamthaft werden etwa 100 Bachforellen in einem alpinen Gewässer mit möglichst kurzer Anfahrtszeit elektrisch abgefischt und während der Versuche, jedoch maximal fünf Tage lang, in ein Bassin gebracht. Während dieser Zeit werden die Tiere nicht gefüttert. Es ist geplant, 20 Replikationen pro Konfiguration durchzuführen. Bei zwei Grössenklassen von Bachforellen, zwei Rechentypen und drei Durchflüssen sind dies 240 Versuche, wobei jedes Individuum maximal dreimal eingesetzt wird. Die Durchführung der Versuchsreihe ist für Mitte 2019 geplant, mit ersten Analysen kann Mitte 2020 gerechnet werden.

Neuartige Untersuchungen mit Coanda-Rechen

Der Coanda-Rechen wird allgemein als «fischfreundlich» eingestuft. In den USA wurden bereits verschiedene Untersuchungen zum Fischabstieg via Coanda-Rechen durchgeführt (Buell 1999; Bestgen et al., 2000, 2004). Dabei wurde der Anstellwinkel des Rechens sowie der Stababstand variiert, andererseits wurde auch die Grösse der Fische berücksichtigt. Bestgen verwendete für seine Betrachtungen fettköpfige Elritzen, Buell verwendete verschiedene Fischarten, unter anderem den Königslachs. Es wurden keine Verletzungen, Verhaltensstörungen oder (nachträgliche) Sterblichkeit festgestellt, nachdem die Fische die Coanda-Rechen passiert hatten. Zu Untersuchungen mit Bachforellen, die speziell in Schweizer Gewässern vom Einsatz der Coanda-Rechen betroffen wären, liegen gemäss unserer Recherche bis heute keine Daten vor.

Maiern Lazzacherbach
Versuchsanlage an der ETH
Team

Team

Wissenschaftliche Projektleiterin
Weiterführende Information

Weiterführende Information

Beteiligte

Das Projekt wurde vom Institut für Bauen im alpinen Raum (IBAR) in Zusammenarbeit mit der ETH VAW Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie im Auftrag des Bundesamts für Energie BFE umgesetzt.