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Resilienz in der Land- und Ernährungswirtschaft

24. November 2017

Resilienz ist ein neues Schlagwort in der Agrarpolitik. Von einem resilienten Ernährungssystem wird ein Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung erwartet. Zu den damit verbundenen Herausforderungen, mit denen die Land- und Ernährungswirtschaft weltweit konfrontiert ist, gehören der Klimawandel, die Ressourcenverknappung und die Liberalisierung der Agrarmärkte, auf die sich die gesamte Branche längerfristig einstellen muss. Dazu kommen immer wieder kurzfristige Schocks, wie Preis- und Wetterschwankungen oder Nahrungsmittelkrisen.


Um erfolgreich mit langfristigen Veränderungen und mit kurzfristigen Schocks umgehen zu können, müssen die unterschiedlichen Akteure in Landwirtschaft, Verarbeitung, Handel und Gastronomie neue Strategien entwickeln. Widerstands- und Anpassungsfähigkeit im Umgang mit externen und internen Einflüssen sind gefragt. Im ersten Fall werden bei einer Störung die Strukturen und Prozesse des Wertschöpfungssystems beibehalten. Das System ist stabil und kann sich nach einer Störung wieder wie zuvor entwickeln. Im zweiten Fall verändert sich das System, um neue Möglichkeiten zu schaffen und zu nutzen. Diese Fähigkeit wird als Resilienz bezeichnet. Schlüsselfaktoren sind Selbstorganisation und Kooperation.


Während die Selbstorganisation hauptsächlich auf betrieblicher Ebene stattfindet, eröffnet die Kooperation eine Schaffung resilienter Strukturen durch verschiedenartige Organisations- und Zusammenarbeitsformen zwischen unterschiedlichen Wirtschaftspartnern. Verlangt sind unternehmerisches Denken und Handeln sowie angepasste politische Rahmenbedingungen, damit neue Formen der Selbstorganisation und Zusammenarbeit geschaffen und im Wettbewerb bestehen können. Zur Selbstorganisation gehören Massnahmen der einzelbetrieblichen Diversifizierung, die hilft, Störungen erfolgreich zu überstehen. Aber auch Formen der überbetrieblichen Zusammenarbeit auf derselben Wertschöpfungsstufe und entlang von Wertschöpfungsketten, die oft zur Verbesserung der aktuellen wirtschaftlichen Situation eingegangen werden, zählen zu den Formen der Selbstorganisation.


Eine Steigerung der Resilienz erfordert von den einzelnen Akteuren aber auch die Bereitschaft «über den Tellerrand hinaus» zu denken und das eigene Wissen mit andern zu teilen. Dies schafft Vertrauen, das wiederum eine Voraussetzung dafür ist, selber auf das Wissen und die Fähigkeiten von anderen Akteuren in Verarbeitung, Handel, Tourismus und Regionalentwicklung zurückgreifen zu können. Auf diese Weise entstehen Netzwerke, welche Kooperationen auf überbetrieblicher und regionaler Ebene fördern und zur erfolgreichen Vermarktung lokaler Nahrungsmittel beitragen können. In Graubünden ist bereits eine Reihe von solchen Initiativen für ein resilientes Ernährungssystem zu finden, sowohl auf einzel- und zwischenbetrieblicher als auch auf regionaler Ebene. Und der Prozess hat vermutlich erst begonnen. Ich bin gespannt, was noch kommen wird.

Dieser Beitrag erschien zeitgleich als Kolumne im «Bündner Bauer».

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