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Ein Nutzen für alle, die hier leben
Ein Nutzen für alle, die hier leben

Ein Nutzen für alle, die hier leben

Als Kantonsbaumeister steht Markus Dünner jenem Amt vor, das für das gesamte Immobilienmanagement des Kantons Graubünden zuständig ist – also auch für das neue Fachhochschulzentrum der FH Graubünden. «Dieses Projekt hat einen grossen Einfluss auf unser Leben hier, auf unsere Wirtschaft und Gesellschaft», sagt der Chef des Hochbauamts im Interview. «Es bringt einen hohen Nutzen für alle, die hier leben.»

Text und Bild: Luzia Schmid

Herr Dünner, Sie waren von der ersten Stunde an bei der Planung des Fachhochschulzentrums dabei. Was für eine Bedeutung hat ein solches Projekt für den Kanton?

Das Projekt hat eine mehrfache Bedeutung für unseren Kanton: Der Bildungsstandort wird gefördert und das wiederum stützt die regionale Wirtschaft. Wir schaffen ein Zentrum, wo sich die Leute aus der Region aus- und weiterbilden können, und es besteht die Chance, dass sie danach auch hierbleiben. So kann dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden. Dieses Potenzial müssen wir nutzen. Ausserdem können Prozesse innerhalb der FHGR vereinfacht werden.

Kann man bei diesem Projekt von einem architektonischen Leuchtturm in Graubünden sprechen? Mit rund 150 Millionen Franken ist es immerhin eines der grössten zu realisierenden Bauprojekte überhaupt in unserem Kanton.

Ein Leuchtturm ist es nicht aufgrund seiner Grösse, sondern aufgrund des Nutzens für den Kanton. Der Bildungsstandort Graubünden wird dadurch gestärkt. Die an der Fachhochschule Graubünden angebotenen Aus- und Weiterbildungen dienen letztendlich uns allen.

Welches sind die speziellen Herausforderungen bei der Planung sowie beim Neu- und Umbau eines Campus für eine Fachhochschule?

Ein grosses Bauvorhaben, das eine lange Planungs- und Realisierungszeit benötigt, erfordert einen vorausschauenden Blick und hohe Flexibilität. Es ist wichtig, sich bereits zu einem frühen Zeitpunkt mit zukünftigen Veränderungen der Gesellschaft, Umwelt, Technologie – also mit Megatrends – zu befassen. Funktionalität und Nutzung haben bei so einem Bauvorhaben erste Priorität. Man muss in die Zukunft schauen. Wir wissen nicht, wie die Hochschullandschaft in zehn und mehr Jahren aussieht, wie dannzumal unterrichtet wird und wie sich die Studienangebote entwickeln. Deshalb ist es wichtig, dass mit relativ wenig Aufwand auch neue Nutzungen ermöglicht werden können.

Ein entscheidender Faktor bei einem solchen Projekt ist die gute Zusammenarbeit. Es müssen verschiedene Bedürfnisse – jene der Hochschule und jene des Kantons – unter einem Dach vereint werden. Wie haben Sie diese Zusammenarbeit erlebt?

Weil die Fachhochschule Graubünden eine öffentlich-rechtliche Anstalt ist, also zum Kanton gehört, jedoch selbstständig ist, unterscheidet sich dieses Bauvorhaben von anderen Bauprojekten, die wir für den Kanton planen und realisieren. Es gab mehr Anspruchsgruppen und auch Entscheidungsträger als üblich. Die konstruktive Zusammenarbeit zwischen Bauherrschaft, Nutzenden und Betreibenden ist entscheidend für ein gutes Resultat. Letztendlich haben alle das gleiche Ziel: ein funktionierendes, auf den Nutzen fokussiertes Gebäude, das architektonisch überzeugt und nachhaltig ist. Das ist dem Projektteam bis jetzt gut gelungen.

Das Projekt «Partenaris» unter der Federführung des Architekturbüros Giuliani Hönger Architekten aus Zürich hat den Architekturwettbewerb für das Fachhochschulzentrum gewonnen. Was hat den Ausschlag dazu gegeben? Weshalb wurde genau dieses Projekt ausgewählt?

Es ist immer die Gesamtheit verschiedener Kriterien, die den Ausschlag für die Wahl des Siegerprojekts geben. Beim Projekt «Partenaris» sind dies zum Beispiel die städtebauliche Setzung unter Einbezug der bestehenden Gebäude – man denke an das ehemalige Schaltgebäude, aber auch an die bestehende Fachhochschule an der Pulvermühlestrasse 57 auf der gegenüberliegenden Strassenseite – und die wahrnehmbare Identität des Neubaus, die das neue Fachhochschulzentrum erkennbar machen. Der Bau verfügt über grosse innenräumliche Qualitäten mit Lichthöfen, schönen Sichtbezügen und interessanten Holzkonstruktionen. Betrieblich ist das Projekt auf eine Fachhochschule ausgerichtet: funktionell, flexibel, nachhaltig.

Ein grosses Anliegen und in vielen Diskussionen immer wieder ein Thema ist die Nachhaltigkeit. Welche Vorgaben werden hier vom Kanton gemacht und wie nachhaltig werden schliesslich der Bau und der neue Campus sein?

Es war und ist das Ziel, einen sehr hohen Nachhaltigkeitsstandard zu erreichen. Dazu gehören Flächen- und Energieeffizienz, möglichst wenig graue Energie in der Produktion, gesunde Baumaterialien, Biodiversität im Aussenraum und ein wirtschaftlicher Betrieb. Das Fachhochschulzentrum wird ein Gebäude mit einem kleinen ökologischen Fussabdruck sein. Das Verhältnis von Volumen zu Fläche ist sehr gut und mit den Photovoltaik-Anlagen wird Strom für den Eigenbedarf produziert. Es ist aber noch kein Netto-Null-Projekt.

Eine Herausforderung am geplanten Standort ist auch die Mobilitätsthematik. Hier steht die Stadt Chur in der Pflicht. Wie sehen Sie diese Thematik in Bezug auf den Standort und dessen Anbindung an den öffentlichen Verkehr?

Das Fachhochschulzentrum liegt im wohl prosperierendsten Stadtgebiet von Chur. Hier wird sich in den nächsten Jahren bis zum Bezug im Jahr 2028 noch viel entwickeln. Der öffentliche Verkehr wird sich im Zuge der Gebietsentwicklung ebenfalls entwickeln, wie das in solchen Situationen der Fall ist. Wenn die Nachfrage da ist, wird sich das Angebot entsprechend anpassen. In anderen Städten wie Zürich oder Lausanne liegen die Hochschulen auch nicht im Zentrum. Dass so viele auswärtige Studierende nach Chur kommen, zeigt auch, dass die FH Graubünden ein qualitativ hochstehendes Angebot bietet.

Die Fachhochschule braucht adäquate Räume zur Sicherung des Hochschulstandorts Graubünden. Doch wie bringt man Ihrer Ansicht nach auch eine Hochschulmentalität in die Region?

Der Fachkräftemangel erschwert vielen Bündner Unternehmen die nötige Entwicklung, um sich im Markt behaupten zu können. Um wettbewerbsfähig zu sein, braucht es genügend und gut ausgebildete Fachpersonen. Die Bündnerinnen und Bündner müssen erkennen, dass eine im Kanton verwurzelte Fachhochschule einen Mehrwert für die Jugend darstellt und dass junge Menschen hier studieren und sich weiterbilden können. Dies reduziert die Abwanderung und wirkt sich positiv auf die Bündner Wirtschaft aus.

Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Das Fachhochschulzentrum ist eines ihrer letzten grossen Projekte vor der Pensionierung. Wie sehr liegt es Ihnen am Herzen?

Dieses Projekt liegt mir besonders am Herzen, weil es einen grossen Impact auf den Bildungsstandort und folglich die Wirtschaft in unserem Kanton hat. Wichtig ist, dass der Grosse Rat und die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger im neuen Fachhochschulzentrum einen grossen Mehrwert für Graubünden sehen und durch ihre Zustimmung die Realisierung ermöglichen. Wir stärken damit die gesamte Bildungslandschaft in Graubünden – von unten bis oben. Es ist wie bei einer Brücke: Entscheidend ist der oberste Schlussstein, damit der Bogen hält.

Über Markus Dünner
Markus Dünner, Jahrgang 1958, lernte Hochbauzeichner in St. Gallen, studierte an der Hochschule Konstanz Architektur und an der damaligen Hochschule für Technik und Wirtschaft in Chur Bau & Energie sowie Betriebswirtschaftsingenieur. Er arbeitete als Projektleiter und selbständiger Architekt. Seit 2002 leitet er als Kantonsbaumeister das Hochbauamt Graubünden.

Über das Hochbauamt Graubünden
Am 31. Mai 1907 beschloss der Grosse Rat einen Kantonsbaumeister anzustellen. Die Stelle unterstand dem Bau- und Forstdepar-tement; die Aufträge erteilten die Regierungs-departemente. Das Büro bildete einen Teil des kantonalen Bauamtes unter der Bezeich-nung "Kantonsbaumeisteramt". Im Laufe der Jahre wurden die Aufgaben den Erfordernis-sen angepasst und erweitert. Heute ist das Hochbauamt zuständig für das gesamte Immobilienmanagement des Kantons.

Beitrag von

Luzia Schmid, Redaktionsleiterin, Projektleiterin Hochschulkommunikation