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Den Stillstand als Chance für den Aufbruch genutzt
Den Stillstand als Chance für den Aufbruch genutzt

Den Stillstand als Chance für den Aufbruch genutzt

Vom kaufmännischen Bereich über den internationalen Handel in die Reisebranche – Tamara Mosers berufliche Laufbahn ist geprägt von Veränderungen. Sprachkurse, Persönlichkeitsentwicklung, Weiterbildungen in den Bereichen Leadership oder Projektmanagement und als Letztes das CAS Tourismus 4.0 an der Fachhochschule Graubünden – die 42-Jährige hat nie aufgehört zu lernen. «Geprägt haben mich aber vor allem meine Reisen.»

Text und Bilder: Luzia Schmid

Wie muss das vergangene Jahr für jemanden gewesen sein, der von sich sagt: «Reisen ist ein zentraler Bestandteil meines Lebens. Ohne Reisen schläft mir das Gesicht ein.» Bestimmt nicht einfach – aber wie sich im Gespräch zeigt, hat die Frau mit dem aufgeweckten Blick nicht zum ersten Mal einen Stillstand als Chance für den Aufbruch genutzt. «Als klar wurde, dass die Olympischen Sommerspiele 2020 um ein Jahr verschoben werden, habe ich mich für das CAS Tourismus 4.0 eingeschrieben», sagt Tamara Moser.

Die Zürcherin arbeitet seit Anfang 2018 bei Globetrotter Sportreisen in Ittigen bei Bern; im Dezember des gleichen Jahres übernahm sie die Leitung der Filiale. «Wir machen hier etwas, was in der Schweiz sonst niemand macht», sagt Tamara Moser. Die Geschäftsstelle von Globetrotter im Haus des Sports – unter dem gleichen Dach wie Swiss Olympic – ist eine Exotin unter den Filialen des auf Individualreisen spezialisierten Anbieters. Globetrotter kümmert sich als Partner von Swiss Olympic um alle Reisen der Organisation und handelt mit den Airlines die Buchungen für alle Delegationsmitglieder aus.

Verantwortlich für Buchungen von 300 Personen

«Dieser Job ist sehr spannend, aber auch nervenaufreibend», sagt die Filialleiterin. Die Sportlerinnen und Sportler reisen meist nicht alle miteinander an die Olympischen Spiele. Immer wieder muss kurzfristig umgebucht werden, weil jemand aus dem Wettkampf ausgeschieden ist oder erst später anreist. Die Schweizer Olympia-Delegation besteht jeweils aus bis zu 300 Personen. Gleichzeitig ist die Filiale in Ittigen für den gesamten Ticketverkauf der Besucherinnen und Besucher aus der Schweiz zuständig. Dafür muss man gemacht sein, sagt Moser. «Du arbeitest immer auf etwas hin, und bevor ein Projekt abgeschlossen ist, muss schon ein neues in Angriff genommen werden.»
 
Als Ende März 2021 bekannt wurde, dass an den Olympischen Spielen in Tokio keine internationalen Zuschauerinnen und Zuschauer zugelassen werden, sei das ein «Supergau» gewesen. Bei Globetrotter Sportreisen fiel der grösste Teil des Umsatzes mit einem Mal weg. Die Auswirkungen der Coronakrise und der weltweite Reisestopp hatten die Mitarbeitenden zudem bereits im Frühjahr 2020 in die Kurzarbeit gezwungen.

Tamara Moser leitet die Globetrotter-Filiale im Haus des Sports in Ittigen bei Bern.

Das «perfekte» Angebot gefunden

Für die Filialleiterin war dies sowohl ein Fluch als auch ein Segen. Auf der einen Seite mussten zwar zahlreiche Reisen umgebucht oder annulliert und die Reisenden beraten werden. Neue Buchungen kamen jedoch keine hinzu. Auf der anderen Seite schafften Homeoffice und Kurzarbeit aber auch Luft, um den Horizont zu erweitern. Weil sie im Kanton Zürich lebt, nach Bern pendelt und ihre Arbeitstage jeweils lang sind, liess sich eine Weiterbildung lange Zeit nicht verwirklichen. Corona eröffnete da plötzlich neue Möglichkeiten. «Das CAS Tourismus 4.0 war das perfekte Angebot für mich.» Dieses Weiterbildungsprogramm setzt sich mit den digitalen Möglichkeiten der Leistungsträger und Tourismusorganisationen im Bereich Marketing & Sales auseinander und beschäftigt sich mit den Herausforderungen der digitalen Transformation für den Tourismus. Die Module, der Aufbau und die Gestaltung des Studiums, die Inhalte – alles passte. Nach drei Jahren in der Reisebranche wollte Moser ihre Kompetenzen weiter stärken, Neues dazulernen.

Das erste Modul ihrer Weiterbildung fand online statt, die übrigen konnten – dank tieferen Infektionszahlen im Sommer 2020 – vor Ort durchgeführt werden. «Ich bin sehr froh um diesen persönlichen Austausch, die Gespräche mit den Dozierenden, das Networking», sagt sie. Moser war als Fachfrau aus der Reisebranche bisweilen eine Aussenseiterin. Der Grossteil der Mitstudierenden kam aus der Hotellerie oder von Tourismusorganisationen. «Vielleicht hatte ich es etwas falsch eingeschätzt: Mir war nicht bewusst, dass die Ausbildung vor allem auf den Einreise-Tourismus, also die Gäste aus dem Ausland, fokussiert ist.» Mit ihrer Art, überall das Positive zu finden, stürzte sie sich ins Abenteuer. «Auch das Incoming hat mich schon immer interessiert.» Durch die Weiterbildung habe sie Einblicke in unheimlich spannende Bereiche erhalten.» Das Thema Digitalisierung interessierte sie dabei besonders.

Für die Digitalisierung im Tourismus fit machen
Die Digitalisierung ist eine grosse Chance für den Schweizer Tourismus, aber auch eine Herausforderung, denn Unternehmen und Organisationen fehlt es oft an der erforderlichen Fachkompetenz. Das CAS Tourismus 4.0 ist ein modular aufgebautes Weiterbildungsprogramm, welches sich schwerpunktmässig mit der Digitalisierung im Tourismus beschäftigt. Das Studium umfasst die digitalen Möglichkeiten von touristischen Leistungsträgern im Marketing und Sales sowie die digitale Transformation und Vernetzung der Tourismusbranche. Es werden aber auch aktuelle Themen der Angebotsgestaltung (Product & Service Design) im digitalen Kontext behandelt und praktische Fragestellungen der Digitalisierung der einzelnen touristischen Teilbranchen aufgegriffen. Den Studienabschluss bildet die Zertifikatsarbeit zu einem selbstgewählten Thema auf dem Gebiet der Digitalisierung im Tourismus.

Wer digital nicht fit ist, geht unter

«Die digitale Transformation ist im Tourismus hochaktuell.» Keiner reise mehr ohne seinen ständigen Begleiter, das Handy, Buchungen würden grösstenteils online getätigt und die Systeme schlagen den Nutzenden aufgrund ihrer Vorlieben ausgewählte Reiseziele vor – wer in der Digitalisierung nicht fit sei, gehe unter. «Es braucht ein weiträumigeres Denken», sagt die Reisespezialistin. Corona hat diese Entwicklung zusätzlich beschleunigt. So sahen sich auch die Mitarbeitenden bei Globetrotter gezwungen, gewisse Angebote online anzubieten. «Man begann mit Online-Beratungen und führte immer mehr Reisevorträge virtuell durch.» Gerade diese seien auf ein immer grösseres Interesse gestossen.
 
Mit ihrer aus dem eigenen Sack finanzierten Weiterbildung – «Unabhängigkeit ist mir sehr wichtig» – wollte Tamara Moser auch neue Inputs für ihren Arbeitsalltag gewinnen. Die Verknüpfung der Inhalte der verschiedenen Module mit ihrer Tätigkeit im Reisebüro war allerdings gar nicht so einfach. Sie fand dann schliesslich in jedem Bereich eine Problemstellung aus dem Alltag, die sie vertiefen konnte. «Vielleicht kann ich die eine oder andere Idee übertragen», sagt sie und denkt dabei etwa an die Optimierung der Website oder die Umsetzung von Ideen im Bereich Customer Journey. Momentan stünden aber in der Reisebranche zunächst noch andere Herausforderungen im Vordergrund.

Immer wieder bereist Tamara Moser Südostasien, hier etwa Burma

Schule fürs Leben

Sich weiterzubilden zieht sich wie ein roter Faden durch Tamara Mosers Leben. Sie sei zwar nie der Schultyp gewesen, aber die Neugierde auf neue Erfahrungen im Leben habe sie stets angetrieben. So besuchte sie auch Kurse zur Persönlichkeitsbildung oder zur gewaltfreien Kommunikation. Nach einer KV-Lehre mit Berufsmaturität war sie lange im internationalen Handel tätig, bevor sie in die Reisebranche wechselte. Denn das Reisen hatte es ihr seit ihrer Kindheit angetan. Angefangen hatte alles auf Bali, wo sie als Kind mit ihren Eltern mehrfach Ferien verbrachte. Südostasien bereiste sie später immer wieder, auch Indien und Nepal. Sie war auch in Kolumbien und würde gerne Bolivien und andere lateinamerikanische Länder kennenlernen. Sie habe wahrscheinlich nirgends so viel gelernt und aufgenommen wie auf ihren Reisen. «Die Menschen und Kulturen haben mich geprägt und mir Dinge mitgegeben, die ich in keinem Kurs lernen kann.»

Die 42-Jährige ist geprägt von anderen Kulturen.

Beitrag von

Luzia Schmid, Projektleiterin Hochschulkommunikation, Rektorat