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Der experimentierfreudige Multimedia Designer
Der experimentierfreudige Multimedia Designer

Der experimentierfreudige Multimedia Designer

Pascal Reichmuth erwarb 2014 seinen Bachelorabschluss in Multimedia Production an der damaligen HTW Chur. Heute ist der 30-Jährige in Hongkong als Mitglied des Design-Führungsteams bei der britischen Grossbank HSBC tätig. Im Berufsalltag hat ihn vor allem sein Wissen zum Thema «lebenslanges Lernen», das bereits seine Studienjahre in Chur prägte, weitergebracht.

Text: Luzia Schmid / Bild: zVg

Sie haben an der ehemaligen HTW Chur ein Bachelorstudium in Multimedia Production absolviert. Was hat Sie an dieser Ausbildung fasziniert? Was haben Sie mitnehmen können?

Das Studium war extrem vielseitig und praxisorientiert. Wir konnten uns kreativ verwirklichen und bekamen gute theoretische Inputs. Immer wieder durften wir auch Grenzen ausloten und bekamen die Erlaubnis zu experimentieren. Wir wurden zum Beispiel bereits 2010 dazu ermutigt, eine Strassenumfrage durchzuführen und den gesamten Inhalt ausschliesslich auf dem Smartphone und Tablet zu produzieren. Über das Resultat würde man heute lachen, damals war das aber aus technischer Sicht eine herausragende Leistung. Rückblickend empfinde ich die Zeit an der damaligen HTW Chur als visionär. Wir haben gelernt, dass das, was wir heute lernen, in ein paar Jahren nicht mehr relevant sein wird. Und diese Erkenntnis hat uns bewusst gemacht, dass man nie ausgelernt hat, dass man weiter investieren und am Ball bleiben muss. Dieses Bewusstsein wurde uns mit auf den Weg gegeben. Es spielt vor allem im technischen Bereich eine grosse Rolle und ist in einem internationalen beruflichen Umfeld wie dem meinigen ganz zentral.

Gibt es auch etwas, das Ihnen nicht gefallen hat im Studium? Oder Werkzeuge, die Ihnen im heutigen Arbeitsalltag fehlen?

Es gibt eigentlich nichts, was mir damals gefehlt hätte. Es war von grossem Vorteil für uns alle, dass wir jederzeit Kritik anbringen konnten, die dann aufgenommen wurde, um das Angebot entsprechend anzupassen. Das Bachelorstudium Multimedia Production musste ja Schritt mit der Zeit halten. Ich denke da zum Beispiel an die verschiedenen Programmiersprachen, die wir noch lernen mussten ‒ von Java über SQL, PHP und JavaScript. Da geht es ja um Strukturen, also wie man etwas macht; die zugrundeliegenden Prinzipien sind jedoch dieselben. Heute vermittelt man den Studierenden nur noch JavaScript, um ihnen den Zugang zum Programmieren zu erleichtern. Wenn ich an meine Zeit zurückdenke, ist das wirklich noch speziell: Was ich damals gelernt habe, hat nicht mehr viel damit zu tun, was die Studierenden heute lernen ‒ nicht so sehr von den theoretischen Grundlagen her, aber in Bezug auf das mediale Umfeld.

«Rückblickend empfinde ich die Zeit an der damaligen HTW Chur als visionär.» Quelle: zVg Pascal Reichmuth
Pascal Reichmuth
Reichmuth moderiert einen Team-Event in Hongkong.
Pascal Reichmuth
«Ich hätte nie gedacht, dass die interkulturelle Kommunikation jemals so zentral für meine Arbeit sein würde.»

Sie arbeiten heute in Hongkong bei der HSBC im Führungsteam der Design-Abteilung. Was hat Sie dorthin verschlagen?

Nach dem Studium war ich zunächst als User Experience Architect bei der AXA Winterthur tätig. Mich interessierte damals vor allem die Schnittstelle zwischen Mensch und Technik. Einerseits befasste ich mich mit Programmierung, andererseits mit Psychologie: Ich wollte herausfinden, welche psychologischen Grundprinzipien dazu führen, dass jemand zum Beispiel bei der Anforderung einer Offerte den Prozess an einem bestimmten Punkt plötzlich abbricht, oder was Menschen dazu bringt, beispielsweise eine Autoversicherung abzuschliessen. Später bekam ich die Chance, für die AXA nach Hongkong zu gehen, um dort ein Design-Team aufzubauen. Nach eineinhalb Jahren wechselte ich schliesslich zur HSBC, wo wir Banking-Apps designen. Mich interessieren dabei nicht nur die Produkte, sondern vor allem die kulturellen Unterschiede und Dynamiken in einem multikulturellen und multidisziplinären Team. Technologie spielt bei uns für die Kommunikation und die Zusammenarbeit eine sehr wichtige Rolle.

Von der kleinen Alpenstadt Chur in die Millionenstadt Hongkong: Nicht nur das Leben in dieser Grossstadt, sondern auch die Arbeitsweise unterscheidet sich vermutlich sehr von der unsrigen in der Schweiz ...

Der Arbeitsalltag ist viel hektischer. In Hongkong wird viel mehr gearbeitet, das Tempo ist definitiv höher, die Qualität der Arbeit allerdings oftmals um einiges schlechter. Entscheidungen werden in Hongkong mit einem «holistischeren Weltblick» getroffen, Sitzungen folgen anderen Ritualen und generell gibt es ein viel grösseres Hierarchiegefälle als in der Schweiz. Ich bin froh, im Studium das Nebenfach «Interkulturelle Kommunikation» belegt zu haben. Damals hätte ich nicht gedacht, dass dies jemals so zentral sein würde für mich.

Diese Wissensplatz-Ausgabe steht ganz im Zeichen der Technik. Was für eine Rolle spielt Technik bei Ihrer Arbeit? Insbesondere in einer Stadt wie Hongkong, wo die multimediale Welt wahrscheinlich schon einen Schritt weiter ist als hier?

Bei meiner Arbeit spielt Technik eine sehr grosse Rolle. Wir haben quasi einen 24-Stunden-Betrieb, ist mein Team doch in China, Indien, England, Mexiko und Kanada tätig. Ob Videokonferenzen, Tools, um schnell, asynchron und zuverlässig Rückmeldungen zu sammeln oder mit meinen Kolleginnen und Kollegen im persönlichen Dialog zu bleiben: Ohne Smartphone wüsste ich nicht, wie wir unseren Arbeitsalltag bewältigen könnten. Und auch im alltäglichen Leben ist Technik allgegenwärtig. Hier in Hongkong beispielsweise bezahlen wir alles mit der sogenannten Oktopus-Karte. Sie gilt als U-Bahn- oder Tramticket, kann aber auch in Lebensmittelläden, Supermärkten und Parkhäusern verwendet werden. Rechnungen bezahlen wir hier per QR-Code und die Menschen sind definitiv süchtig nach ihrem Smartphone. Es muss immer das Neuste sein und ist ein absolutes Statussymbol. Alle Generationen sind extrem digital unterwegs.

Sind Sie in Hongkong beruflich «angekommen»? Haben Sie den Ort gefunden, an dem Sie bleiben möchten? Oder wo sehen Sie sich in ein paar Jahren?

Ich ziehe dieses Jahr voraussichtlich nach London und werde dort für die HSBC die gleiche Funktion ausüben wie derzeit in Hongkong. Ich freue mich auf diese Veränderung, sowohl aus beruflicher wie auch aus privater Sicht. Wo es mich längerfristig hinzieht, ist offen. Ob in der Schweiz oder im Ausland, ich werde bestimmt immer nach neuen Herausforderungen suchen.

Über Pascal Reichmuth:

Pascal Reichmuth wurde 1989 in Einsiedeln SZ geboren. Nach einer Lehre als Mediamatiker und dem Erwerb der Berufsmaturität stiess er an einer Informationsveranstaltung der damaligen HTW Chur auf das Bachelorstudium Multimedia Production. 2014 schloss er das Studium ab und begann seine Berufslaufbahn bei der AXA Winterthur als User Experience Architect. Nebenbei arbeitete er als Lehrbeauftragter für Interaktive Medien an der HTW Chur. 2017 wechselte Pascal Reichmuth für die AXA als Experience Designer nach Hongkong. Seit 2018 leitet er dort bei der britischen Grossbank HSBC das User Experience Team für Apps und Internet-Banking.

Über HSBC: Die HSBC (Hongkong & Shanghai Banking Corporation Holdings) ist eine international agierende britische Grossbank mit Sitz in London. Rund 235'000 Angestellte arbeiten in 66 Märkten für rund 39 Millionen Privat- und Geschäftskunden. http://hsbc.com/

Beitrag von

Luzia Schmid
Projektleiterin Hochschulkommunikation