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Nicht untergehen im Datenozean
Nicht untergehen im Datenozean

Nicht untergehen im Datenozean

Open Educational Resources (OERs) spielen eine Schlüsselrolle bei der Stärkung der Digitalisierung in der Bildung. Mit dem Projekt «Swiss Digital Skills Academy» sollen das Bewusstsein und die Kompetenz von Lehrenden für diese Bildungsmaterialien gestärkt werden. In diesem Rahmen hat die Fachhochschule Graubünden mit Partnerinstitutionen ein Projekt zur Entwicklung von OERs zur Förderung der Data Literacy an Hochschulen gestartet. Studierende haben zu diesem Thema die erste virtuelle Expertenkonferenz ausgerichtet.

Text: Sharon Alt und Vera Husfeldt / Bilder: Sharon Alt
 

Die letzten Monate, in denen uns die Coronapandemie fest im Griff hatte, haben es uns deutlich aufgezeigt: Wir befinden uns mitten in der digitalen Transformation. Grossväter halten aus dem Seniorenheim über Zoom und Co. Kontakt zu ihren Enkelinnen. Schülerinnen und Schüler treffen sich zu Hausaufgabengruppen im virtuellen Raum und arbeiten an gemeinsamen Dokumenten. Täglich verbringen unsere Studierenden mehrere Stunden damit, von zuhause aus allein und doch gemeinsam zu lernen. Wir haben unseren privaten und beruflichen Alltag massiv verändert und stellen fest, dass dies ohne digitale Transformation überhaupt nicht möglich gewesen wäre. Und jetzt? Können wir einfach wieder zurück? Wohl kaum. Wenn wir weiter aktiv am sozialen Leben und am Arbeitsleben teilhaben wollen, müssen wir uns auch in Zukunft weiter intensiv mit der Digitalisierung auseinandersetzen. Wir müssen sie als Teil unseres Lebens verstehen lernen und uns überlegen, wie wir mit ihr auskommen bzw. uns von ihr abgrenzen wollen. Das tönt äusserst anspruchsvoll und ist es auch. Wir können dabei nicht auf die Traditionen und Erfahrungen früherer Generationen zurückgreifen, sondern stehen allesamt gemeinsam vor dieser neuen Herausforderung.

 

Die Dozentin Vera Husfeldt an der virtuellen Expertenkonferenz – live aus dem mobilen Office.

Digitale Kompetenz ist kein Expertenwissen

Es gilt, neue Kompetenzen und Sensibilitäten zu entwickeln, neue ethische Prinzipien aufzustellen, Vorsichtsmassnahmen zu ergreifen, sich vorzuwagen in unbekannte Welten, Ängste abzulegen und dabei gleichzeitig Zurückhaltung zu bewahren. Digitale Kompetenz ist kein Expertenwissen, das delegiert werden könnte, und keine Kompetenz, die nur in speziellen Bereichen und Branchen benötigt wird. Nein, es geht um eine umfassende Schlüsselkompetenz, ohne die eine gesellschaftliche Partizipation nur noch eingeschränkt möglich ist. Jede und jeder ist davon betroffen. Der Erwerb digitaler Kompetenzen ist deshalb auch vor dem Hintergrund der Bewahrung der Chancengerechtigkeit ein gemeinsam mit allen und für alle anzustrebendes Ziel.
Dies ist auch der Haupttreiber der «Swiss Digital Skills Academy», die mit finanzieller Unterstützung von Swissuniversities und unter der Leitung der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) im Januar 2021 starten konnte. Gemeinsam mit 12 anderen Schweizer Hochschulen engagiert sich auch die Fachhochschule Graubünden im Rahmen der «Swiss Digital Skills Academy» für die Entwicklung und Verbreitung von Ideen, Materialien, Kursen und anderen Ressourcen zur Förderung der digitalen Kompetenzen an Schweizer Hochschulen. In fünf Arbeitspaketen geht es um Vernetzung, Zugang für alle, die Entwicklung und Verbreitung von Open Educational Resources (OERs), die Multiplikatorenfunktion von Lehrpersonen und die Förderung von Datenkompetenz.

Studierende werden zu Expertinnen und Experten

Das von der FH Graubünden geleitete Arbeitspaket «Develop Data Literacy» (Partnerinstitutionen sind die Pädagogischen Hochschulen St. Gallen und Freiburg, das Eidgenössische Hochschulinstitut für Berufsbildung sowie die ETH Lausanne und ETH Zürich) ist eines der grösseren im Verbund der «Swiss Digital Skills Academy» und hat die Förderung der Datenkompetenz im Fokus. Für die Nutzung an Hochschulen in der gesamten Schweiz werden Ressourcen entwickelt und verbreitet. Die Entwicklung dieser Ressourcen orientiert sich an den in den beteiligten Hochschulen identifizierten Bedürfnissen; die Verbreitung erfolgt über die von der EPFL verwaltete, offen angelegte Plattform Graasp für OERs.
Das Seminar «Data Literacy – Formen und Vermittlung» ist die erste Aktion der Fachhochschule Graubünden im Rahmen dieser Initiative. Das innovative Unterrichtskonzept vereint unterschiedliche Methoden und Medien: Studierende erarbeiten im Selbststudium Inhalte, vertiefen diese in Breakout Sessions, führen kritische Diskussionen im Plenum, überprüfen ihr Wissen anhand von Quizzes, und werden so zu Expertinnen und Experten rund um Datenkompetenz. An der in das Seminar eingebetteten Expertenkonferenz stellen die Teilnehmenden ihre Ideen und Konzepte zur Vermittlung von Datenkompetenz an Hochschulen einem grösseren Publikum vor. Voraussetzungen für die Teilnahme an der Konferenz sind die fristgerechte Einreichung eines Abstracts mit dem persönlichen Beitrag und die Bereitschaft, sowohl aktiv am Reviewprozess teilzunehmen als auch im Anschluss an die Konferenz ein Paper einzureichen. In der letzten Seminarsitzung werden die besten Beiträge der Studierenden mit einem «Best Paper Award» prämiert.
 

Virtuelle Expertenkonferenz am Bildschirm

Beiträge für die Zukunft weiterentwickeln

Die virtuelle Expertenkonferenz hat an zwei Vormittagen im Mai 2021 stattgefunden. Teilnehmende waren die eingeschriebenen Studierenden des Kurses, aber auch interessierte Kolleginnen und Kollegen – sowohl der FH Graubünden als auch seitens der am Projekt «Swiss Digital Skills Academy» beteiligten Hochschulen. Nebst den Beiträgen der Studierenden gab es an der Konferenz auch zwei Keynote-Referate: Katharina Schüller, eine führende Expertin im Bereich Data Literacy aus Deutschland, sprach über «Data Literacy – Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts»; die zweite Keynote Speech wurde vom Leiter des Schweizerischen Instituts für Informationswissenschaft, Ingo Barkow, gehalten. Im Rahmen der studentischen Beiträge wurde die Vermittlung von Datenkompetenz an Hochschulen von verschiedenen Seiten beleuchtet. Dabei stand die Vermittlung von Kenntnissen im Fokus – von ethischen Aspekten wie dem kritischen Umgang mit und dem Hinterfragen von Daten, der Interpretation von Datenvisualisierungen und Statistiken bis hin zum Umgang mit Computern und Programmierkenntnissen (Computational Literacy). In Einzelreferaten und einem von Studierenden moderierten interaktiven Roundtable wurden anhand von transferorientierten Lernformen Ideen vorgestellt, wie Teilkompetenzen von Data Literacy an Hochschulen vermittelt werden könnten.

Um die erarbeiteten Vorschläge nun auch fruchtbar ein- und umsetzen zu können, ist geplant, dass die Beiträge der Studierenden im Rahmen von Projektkursen weiterentwickelt und schliesslich als OERs veröffentlicht werden.
 

Swiss Digital Skills Academy
Open Educational Resources (OER) und Open Educational Platforms (OEP) spielen eine Schlüsselrolle bei der Stärkung der Digitalisierung in der Hochschulbildung. Dank der Swiss Digital Skills Academy können Lehrende ihre Fähigkeiten ausbauen, um digitale Lösungen in ihren Bildungskontexten und -praktiken zu nutzen. Das von swissuniversities mitbegründete Projekt zielt auf die Entwicklung digitaler Kompetenzen im Zusammenhang mit der Konzeption, der Erstellung und der Umsetzung von OER und OEP sowie auf die eigentliche Entwicklung solcher offenen Ressourcen und deren Einsatz in gemeinsamen Lernmodulen. Die vorgeschlagenen Lernmodule konzentrieren sich auf die Bereitstellung von Methoden und die gemeinsame Nutzung von Praktiken. Die Lernmodule für Lehrkräfte werden von Schweizer Hochschulen gemeinsam entwickelt und basieren auf gemeinsam genutzten offenen, d.h. frei zugänglichen, Ressourcen und Plattformen. Die Lehrkräfte werden in der Art und Weise und mit den Ressourcen und Plattformen geschult, die sie in ihre eigene Lehrpraxis integrieren sollten. Swiss Digital Skills Academy

Beitrag von

Sharon Alt, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Schweizerischen Institut für Informationswissenschaft

Prof. Vera Husfeldt, Dozentin am Schweizerischen Institut für Informationswissenschaft