Die Zukunft im Blick – ein Trendradar für den Tourismus

Die Zukunft im Blick – ein Trendradar für den Tourismus

Die Zukunft im Blick – ein Trendradar für den Tourismus

Welche Trends verändern den Tourismus und wie können Destinationen rechtzeitig darauf reagieren? Ein Projekt des Instituts für Tourismus und Freizeit setzt genau hier an. Ein auf Künstlicher Intelligenz basierendes Trendradar soll praxisnahe Antworten liefern, damit Destinationen Veränderungen – etwa in Gesellschaft, Technologie und Klima – schneller erkennen und proaktiv handeln können, um so die Weichen für eine resiliente und nachhaltige Zukunft zu stellen.

Text: Mauro Gotsch / Bild und Grafik: FH Graubünden

Die Tourismusbranche steht unter hohem Anpassungsdruck. Klimawandel, Fachkräftemangel, technologische Umbrüche und geopolitische Unsicherheiten wirken sich direkt auf Gästeverhalten, Geschäftsmodelle und Destinationsentwicklungen aus. Gleichzeitig fehlen vielerorts die Werkzeuge, um aufkommende Trends frühzeitig zu erkennen und proaktiv zu handeln. Ein 2024 aufgegleistes Projekt des Instituts für Tourismus und Freizeit will das ändern: Mit dem Aufbau eines Open-Source-Trendradars sollen Destinationsmanagementorganisationen (DMOs) befähigt werden, Datenquellen intelligent zu erschliessen, Signale zu identifizieren und daraus fundierte strategische Entscheidungen abzuleiten.

Trends erkennen, bevor sie den Markt verändern

Die Grundlagen für das Projekt wurden in einer Vorstudie gelegt. In Workshops, Interviews und Umfragen mit 17 Fachpersonen aus Schweizer DMOs hat sich gezeigt: Die Fähigkeit, gesellschaftliche, technologische und klimatische Veränderungen frühzeitig zu antizipieren, wird im Destinationsmanagement immer wichtiger. Der Druck kommt dabei nicht nur aus der Politik oder von Förderstellen, sondern auch aus der Praxis: Wer nicht frühzeitig erkennt, wie sich die Kundenreise verändert, welche neuen Gästegruppen entstehen oder wie technologische Disruptionen Geschäftsmodelle gefährden könnten, riskiert mittelfristig seine Wettbewerbsfähigkeit.

Das Problem ist: Viele DMOs haben weder die personellen noch die technischen Ressourcen, um systematisch Daten zu analysieren und relevante Trends zu überwachen. Zwar existieren punktuelle Datenquellen wie Buchungszahlen und Resultate aus Gästebefragungen, doch deren Aussagekraft ist oft rückblickend und zu oberflächlich. Für ein vorausschauendes Management braucht es andere Indikatoren – sogenannte Proxydaten – und neue Analyseinstrumente.

Ein Werkzeugkasten für datengestützte Entscheidungen

Hier setzt das geplante Trendradar an. Das Tool wird als Open-Source-Software entwickelt und soll modular aufgebaut sein, damit es je nach Bedürfnis der jeweiligen Destination erweitert werden kann. Im MVP-Ansatz (MVP: Minimum Viable Product) wird das Tool als erweiterter RSS-Reader funktionieren, der nicht nur Informationen aus Webseiten, APIs (Programmierschnittstellen) oder Textdateien sammelt, sondern diese auch automatisiert analysiert – zum Beispiel durch Stimmungsanalysen, Keyword-Tracking oder Nennungshäufigkeiten.

Die Anwendung ist sowohl für technisch versierte Anwenderinnen und Anwender als auch für kleinere Tourismusbüros ohne eigene IT-Abteilung gedacht. Eine intuitive Benutzeroberfläche ermöglicht die Bedienung ohne Vorkenntnisse. Dabei wird folgende Vision verfolgt: Die Erstellung eines digitalen Frühwarnsystems, das DMOs bei der Entwicklung von Szenarien, der Früherkennung disruptiver Entwicklungen und der Gestaltung neuer touristischer Angebote unterstützt.

Gerade in Zeiten knapper Ressourcen und zunehmender Unsicherheiten ist es zentral, dass DMOs Zugang zu solchen Werkzeugen erhalten. Nur so können sie fundierte, zukunftsorientierte Massnahmen entwickeln. Das Projekt des Instituts für Tourismus und Freizeit adressiert dabei nicht nur technologische, sondern auch soziale und ökologische Fragestellungen – von nachhaltiger Angebotsentwicklung über das Erkennen neuer Arbeits- und Lebensmodelle bis hin zur Antizipation demografischer Veränderungen. Das übergeordnete Ziel: Die strategische Steuerungsfähigkeit im öffentlichen Tourismusmanagement zu stärken.

Auch wirtschaftlich verspricht das Trendradar einen konkreten Mehrwert. Mit besseren Daten und früherem Wissen lassen sich Produkte gezielter gestalten, Zielgruppen präziser ansprechen und Risiken schneller antizipieren. Die beteiligten Tourismusorganisationen erhalten damit einen Wettbewerbsvorteil, der über klassische Marktanalysen hinausgeht. Zudem soll das Tool dazu beitragen, die Abhängigkeit von kommerziellen Datenanbietern zu verringern, indem öffentlich verfügbare oder partnerschaftlich erschlossene Quellen besser genutzt werden.

Einflussfaktoren auf die Schweizer Tourismusbranche

Einflussfaktoren auf die Schweizer Tourismusbranche

Die nächsten Schritte: von der Forschung in die Praxis

Das Projekt befindet sich derzeit in der Entwicklungsphase. Die FH Graubünden koordiniert die Umsetzung in fünf aufeinander aufbauenden Arbeitspaketen – von der Trenddefinition über die Datenquellenerschliessung bis hin zur Tool-Iteration auf Basis von Praxisfeedback. Für das Trendradar wird eine Architektur entwickelt, die sowohl Echtzeitverarbeitung bietet als auch Datenschutzanforderungen erfüllt und durch eine modulare Struktur für weitere Analysen erweiterbar ist. Im weiteren Projektverlauf ist auch die Integration fortgeschrittener KI-Funktionen geplant, etwa für die automatische Erkennung latenter Konsumtrends oder personalisierte Handlungsempfehlungen.

Geplanter Projektstart ist Mitte 2026. In einer Branche, die sich immer schneller verändert, ist die Fähigkeit zum Wandel entscheidend. Das Trendradar soll dazu beitragen, diese Wandlungsfähigkeit zu stärken – datenbasiert, praxisnah und zukunftsorientiert.

Fachlicher Austausch zu Veränderungen in Tourismus und Freizeit

Fachlicher Austausch zu Veränderungen in Tourismus und Freizeit

Das 18. Tourismus Trendforum zum Thema «Veränderung in Tourismus und Freizeit» findet am Dienstag, 21. Oktober 2025, statt. Die jährlich stattfindende Veranstaltung bringt kantonale und nationale Player der Tourismus- und Freizeitwirtschaft zusammen. Im Mittelpunkt stehen aktuelle, tourismusrelevante Themen, zu denen das Institut für Tourismus und Freizeit forscht und die insbesondere für die Region von Bedeutung sind. Ziel ist es, den fachlichen Austausch zu fördern, neue Impulse zu geben und persönliche Netzwerke zu stärken. Die Veranstaltung richtet sich an touristische Leistungsträger, Mitarbeitende von Tourismusorganisationen sowie allgemein an tourismusinteressierte Kreise. Weitere Details und Anmeldung hier.

Beitrag von

Mauro Luis Gotsch, Wissenschaftlicher Projektleiter, Institut für Tourismus und Freizeit