Hubs wie der Technopark Graubünden dienen als zentrale Anlaufstellen für Austausch und Zusammenarbeit. Sie schaffen Räume, in denen Start-ups, Unternehmerinnen und Unternehmer sich begegnen, vernetzen und gemeinsam weiterentwickeln können. Hubs wie der Technopark Graubünden dienen als zentrale Anlaufstellen für Austausch und Zusammenarbeit. Sie schaffen Räume, in denen Start-ups, Unternehmerinnen und Unternehmer sich begegnen, vernetzen und gemeinsam weiterentwickeln können.

«It’s all about people» – warum regionale Talente zählen

«It’s all about people» – warum regionale Talente zählen

«It’s all about people» – warum regionale Talente zählen

Graubünden steht – wie viele ländlich geprägte Regionen – vor der Frage, wie digitale Technologien sinnvoll in die bestehende Wirtschafts- und Lebensstruktur eingebettet werden können. Künstliche Intelligenz gilt dabei als Schlüsseltechnologie mit grossem Potenzial. Doch wie kann eine Region wie Graubünden davon profitieren? Welche Rolle spielen Hochschulen? Ein Blick auf die Herausforderungen und Potenziale.

Text: Seraina Zinsli / Bilder: zVg

Von der Gesichtserkennung auf dem Smartphone über personalisierte Empfehlungen in Streamingdiensten bis hin zu intelligenten Navigationssystemen im Strassenverkehr: Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) bieten nicht nur global gesehen viele Vorteile, sondern bringen auch Chancen für ländliche Regionen mit sich. Sie können solche Regionen noch unabhängiger von traditionellen Wirtschaftssektoren machen. Beispielsweise können regionale Anbieter im Tourismussektor durch automatisierte Buchungssysteme neue Gästegruppen ansprechen, ohne auf grosse Plattformen oder städtische Agenturen angewiesen zu sein. Start-ups und kleine Unternehmen können ebenfalls profitieren – etwa durch automatisierte Prozesse, digitale Vertriebswege und intelligente Datenanalysen. Sie können sich so unabhängig von urbanen Wirtschaftszentren positionieren.

Umsetzungen und Weiterentwicklungen in diese Richtung erfordern jedoch mehr als eine rein technologische Aufrüstung. Es braucht klare Strategien sowie Kompetenzaufbau – und vor allem Zusammenarbeit und Austausch. «It’s all about people», bringt es Rudolf Minsch auf den Punkt. Laut dem Chefökonom des Wirtschaftsdachverbands economiesuisse ist es entscheidend, dass Fachkräfte vor Ort sind oder zumindest zeitweise in der Region arbeiten. Und hier liege der Hund begraben. Denn Fakt ist: Einer der grössten Unterschiede zu urbanen Zentren wie Zürich ist die geringe Dichte an Expertinnen und Innovatoren. «Der Austausch mit Gleichgesinnten, der in Metropolen zur Tagesordnung gehört, ist in ländlichen Regionen wie dem Kanton Graubünden viel schwieriger», so Minsch. 

«In Graubünden muss jeder ein Zehnkämpfer sein»

In Metropolen wie Zürich ist es üblich, dass Fachkräfte hochspezialisiert sind – eingebettet in ein dichtes Netzwerk an Gleichgesinnten. Da in ländlichen Regionen diese Dichte an Spezialistinnen und Spezialisten fehlt, müssen Unternehmerinnen und Unternehmer zwangsläufig mehrere Rollen gleichzeitig übernehmen. «In Graubünden muss jeder ein Zehnkämpfer sein», so Minsch. Vom technischen Know-how über unternehmerische Entscheidungen bis hin zu Marketing und Finanzierung müsse man hier viele Bereiche abdecken. 

Dieses breite Spektrum ist herausfordernd, kann aber auch eine Stärke sein. Denn es fördert gemäss dem Experten den Blick über Fachgrenzen hinweg und schafft die Grundlage für Interdisziplinarität. Und genau diese sei ein zentraler Innovationstreiber. «Wenn Menschen mit unterschiedlichen Perspektiven, Denkweisen und Fachkenntnissen zusammenarbeiten, entstehen oft neue Ideen, die innerhalb eines einzelnen Fachgebiets so nicht denkbar wären.» Genau hier setzen Orte wie der Technopark Graubünden in Landquart, der Innoqube Swiss in Chur und der geplante Innhub in La Punt an: Sie schaffen Orte, an denen diese Art von Denken möglich wird – durch Austausch, Kooperation und den Zugang zu gemeinsamen Ressourcen. «Unternehmerinnen und Unternehmer arbeiten im Technopark Graubünden nicht isoliert, sondern können voneinander profitieren. Anstatt nur in engen ‹Fachbubbles› zu agieren, entstehen durch solch einen Austausch mit anderen Branchen neue Anwendungsmöglichkeiten, beispielsweise für KI», so Minsch.

Hochschulen als Innovationsmotor

Ein weiterer wesentlicher Faktor für den Aufbau eines KI-gestützten Wirtschaftssektors in ländlichen Regionen sind laut Minsch die Hochschulen. «Die Fachhochschule Graubünden kann hierbei eine tragende Rolle spielen. Sie bildet nicht nur Fachkräfte aus, sondern treibt auch Forschung und Innovation gezielt für die Region voran», erklärt er. Die Hochschule habe sich in den letzten Jahren vermehrt in Richtung Informatik und angewandte Wissenschaften entwickelt und solle das auch in Zukunft weiterhin tun. «Ich sehe da enormes Potenzial», so der Chefökonom. «Besonders in der Zusammenarbeit mit Unternehmen und im Ausbau von praxisnahen Projekten während des Studiums.» Und genau hier hat die FH Graubünden bereits einige Projekte vorangetrieben – beispielsweise durch die Kooperation mit dem High-Tech-Unternehmen INFICON. Im Rahmen dieser Kooperation werden duale Bachelorstudiengänge angeboten, in denen Studierende praktische Berufserfahrung mit dem Studium verbinden können. So entsteht eine Wechselwirkung. Zum Beispiel können Projekt- und Bachelorarbeiten im Rahmen des Studiums erarbeitet, als Unternehmensprojekte umgesetzt und durch Dozierende der Fachhochschule betreut werden. Solche Unternehmenskooperationen fördern nicht nur den Wissenstransfer, sondern halten Absolventinnen und Absolventen auch langfristig in der Region. 

Graubünden statt Grossstadt – Start-ups gehören auch aufs Land

Es geht also um klare Strategien, Zusammenarbeit, Austausch und insbesondere auch um den Aufbau von Kompetenzen vor Ort. Nur wenn Menschen die Grundlagen und Potenziale von KI-Technologien verstehen und anwenden können, lassen sich deren Chancen auch tatsächlich nutzen. Hier kommt Hochschulen – wie der FH Graubünden – eine zentrale Rolle zu: Sie bilden nicht nur dringend benötigte Fachkräfte aus, sondern treiben auch angewandte Forschung und praxisnahe Projekte in der Region voran. So entsteht eine echte Perspektive – etwa für Unternehmerinnen und Unternehmer, die ihr Start-up bewusst in ländlichen Regionen wie Graubünden ansiedeln und nur gelegentlich für Meetings in Metropolen wie Zürich reisen müssen, statt dauerhaft dorthin abzuwandern. Und dies muss laut Minsch das Ziel sein.

Veranstaltungshinweis: Die digitale Transformation beginnt im Kopf

Gesprächsimpuls mit Marcel Meyer von «GRdigital»

Eine erfolgreiche digitale Transformation basiert auf Kommunikation, Fehlertoleranz und gemeinsamem Lernen: Denn Digitalisierung ist ein Veränderungsprozess, der vor allem in den Köpfen der Menschen stattfindet. Mitarbeitende müssen ihn mittragen und vor allem aktiv mitgestalten. Dabei spielen Führungskräfte eine wichtige Rolle. Sie brauchen eine klare Vision und müssen diese mit ihrem Team teilen. Marcel Meyer, Mitglied des Vereins GRdigital, diskutiert am Donnerstag, 2. Oktober 2025, im Rahmen der Veranstaltung Careers & Beers – Focus Talks: Die digitale Transformation beginnt im Kopf, wie Mitarbeitende die Digitalisierung mittragen und neue Tools wertsteigernd einsetzen können. Die Veranstaltung richtet sich an Alumni und Studierende.

Beitrag von

Seraina Zinsli, Projektleiterin Hochschulkommunikation, Redaktionsleiterin