Der erste Feldtest: Im Februar im wurden im Skigebiet Madrisa Testpersonen gefilmt und ihr Fahrstil bewertet. Der erste Feldtest: Im Februar im wurden im Skigebiet Madrisa Testpersonen gefilmt und ihr Fahrstil bewertet.
«SchneeHeldInnenMacher»

Bessere Schwungtechnik dank Videoanalyse und KI

Bessere Schwungtechnik dank Videoanalyse und KI

Bessere Schwungtechnik dank Videoanalyse und KI

Skifahren lernen – aber smarter. Dank moderner Technologien wie Bilderkennung und Künstlicher Intelligenz könnte der Unterricht auf der Piste bald digital unterstützt werden. Ein interdisziplinäres Forschungsteam hat sich dieser Thematik angenommen und einen Testtag auf der Skipiste durchgeführt.

Text: Martin Bünner, Mauro Gotsch, Merle Jothe / Bilder: FH Graubünden

Ein gezielteres, personalisierteres und effizienteres Skitraining – das verspricht sich das Forschungsteam um Projektleiter Martin Bünner mithilfe von Bilderkennung und Künstlicher Intelligenz (KI). Auf einem rund 200 Meter langen Pistenabschnitt sollen in Zukunft Skifahrerinnen und Skifahrer während ihrer Abfahrt gefilmt werden. Anschliessend analysiert eine KI das Videomaterial, erkennt Bewegungsmuster und bewertet Fahrstil, Technik und Ausführung. Auf Basis dieser Analyse erhält jede Person nach ihrer Fahrt ein individuelles Feedback – etwa in Form von konkreten Verbesserungsvorschlägen – oder wird automatisch einer passenden Skischulklasse zugewiesen. 

Vor dem Hintergrund dieser Idee finanzierte die FH Graubünden das Pilotprojekt «SchneeHeldInnenMacher». Daran beteiligt sind das Institut für Data Analysis, Artificial Intelligence, Visualization und Simulation, das Institut für Tourismus und Freizeit und das Institut für Multimedia Production.

Ziel ist es, auch Personen anzusprechen, die beim Skifahren normalerweise nicht mehr an eine Skischule denken würden. Vorstellbar wäre beispielsweise, dass nach der Testfahrt eine Nachricht auf das betreffende Smartphone geschickt wird, die auf mögliche Verbesserungen hinweist und gleich einen Vorschlag macht: «Melde dich doch bei Skilehrer Urs, er kann dir in zwei Stunden zeigen, wie du deinen Fahrstil optimierst.»

Während der Abfahrt gefilmt: Künstliche Intelligenz wertet das Videomaterial aus und bewertet Fahrstil, Technik und Ausführung.
Während der Abfahrt gefilmt: Künstliche Intelligenz wertet das Videomaterial aus und bewertet Fahrstil, Technik und Ausführung.

Eine Idee, die beim Dachverband der Schweizer Skischulen – Swiss Snowsports – auf offene Ohren gestossen ist. Denn gerade die Skifahrerinnen und Skifahrer, die bereits Basiskurse absolviert haben und die Grundtechniken beherrschen, werden durch solch eine Technologie angesprochen.

Spassvideo als Werbung für Skigebiete

Auch für Skidestinationen eröffnet das System spannende Möglichkeiten. Aus den aufgenommenen Videos lässt sich mehr machen als nur eine technische Analyse – zum Beispiel ein personalisiertes Fun-Video, das die Fahrt kreativ inszeniert. 

Von virtuellen Welten (wie beispielsweise einer von Dinosauriern bevölkerten Skipiste), die durch einen anfeuernden Kommentar untermalt sind, bis hin zu jubelndem Publikum und Skiern, die Flammen bei hoher Geschwindigkeit ausstossen, ist vieles möglich. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Solche Videos werden gerne im Freundes- und Familienkreis geteilt – sie werden so zu einer unterhaltsamen viralen Werbung für das betreffende Skigebiet.

Erste Resultate aus dem Feldtest

Der erste Feldtest des Pilotprojekts «SchneeHeldInnenMacher» fand am 5. Februar im Skigebiet Madrisa statt. Mit erfreulichen Ergebnissen: Insgesamt nahmen 58 Gäste freiwillig und spontan am Test teil. Die Resonanz war durchweg positiv: 94 Prozent empfanden das KI-gestützte Feedback als nützlich oder sehr nützlich. Besonders beliebt war das persönliche Spassvideo im Stil eines Weltcup-Rennens, das jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer erhielt – inklusive Zeitmessung, Kommentator und jubelndem Publikum. 82 Prozent der Testpersonen haben ihr Video heruntergeladen, und mehr als die Hälfte gab an, es mit mindestens einer weiteren Person teilen zu wollen. Damit wurde nicht nur die praktische Hilfestellung des Angebots bestätigt, sondern auch das virale Potenzial solcher Inhalte für die touristische Vermarktung demonstriert.

Der erste Feldtest: Im Februar im wurden im Skigebiet Madrisa Testpersonen gefilmt und ihr Fahrstil bewertet.
Der erste Feldtest: Im Februar im wurden im Skigebiet Madrisa Testpersonen gefilmt und ihr Fahrstil bewertet.

Innovatoren in der Tourismusindustrie gesucht

Das Ziel des Pilotprojekts «SchneeHeldInnenMacher» war es, den Nutzen dieser Technologie zu demonstrieren und auf dieser Basis Innovatoren – wie etwa Bergbahnen, Skischulen und Destinationen – zu einer Investition in eine solche Zukunftstechnologie zu bewegen. Vorausgesetzt, dass das Pilotprojekt in ein grösseres Projekt überführt werden kann, werden die Forschenden ein Computermodell trainieren, damit die KI immer zuverlässiger die entsprechenden Fahrtechniken der Skifahrerinnen und Skifahrer erkennen kann.

Skilehrerinnen und Skilehrer bleiben unverzichtbar

Stellt sich die Frage, ob es in Zukunft überhaupt noch «Skilehrer Urs» oder «Skilehrerin Silvia» braucht, die persönliche Ratschläge und Tipps geben. Die Forschenden sind sich einig: Sie werden nicht überflüssig werden. Denn bei den Testfahrten im Februar wurde deutlich, wie detailliert Skilehrerinnen und Skilehrer erkennen, wer wie gut fährt. Einen derartigen Grad an Details wird KI wohl kaum erkennen und erreichen. Aber laut Forschungsteam können digitale KI-Skisport-Coaches künftig in Bezug auf die Zuordnung einer individuellen Fahrtechnik zu einer bestimmten Kategorie bis zu drei Viertel der Arbeit übernehmen und auch die damit verbundenen Verbesserungstipps formulieren. 

Zudem ist die Einbindung der Skischulen entscheidend für das Vertrauen in die neue Technologie, wie die Feldstudie zeigt. Sie verleiht dem digitalen Feedback Glaubwürdigkeit – und reduziert mögliche Vorbehalte gegenüber dem Einsatz von KI auf der Piste.

Beitrag von

Prof. Dr. Martin Bünner, Dozent, Institut für Data Analysis, Artificial Intelligence, Visualization und Simulation

Dr. Mauro Gotsch, Wissenschaftlicher Projektleiter, Institut für Tourismus und Freizeit

Prof. Merle Jothe, Dozentin, Institut für Multimedia Production