Projekt auf einen Blick
An der FH Graubünden entwickelt ein Start-up-Team ein System, das Sprachmodelle mit ökonomischem Sachverstand kombiniert, um Rohstoffmärkte präziser zu analysieren. Ziel ist es, aus der Flut unstrukturierter Nachrichtendaten genauere Einschätzungen zu Verfügbarkeitsrisiken von Rohstoffen zu gewinnen.
Projekt
CALM (Commodity Analytics with Language Models) – Navigieren auf dem Rohstoffmarkt mit SprachmodellenLead
Schweizerisches Institut für Informationswissenschaft (SII) Mehr über Schweizerisches Institut für Informationswissenschaft (SII)Projektleitung
Kaplan Himmet Mehr über Kaplan HimmetBeteiligte
Institut für Mechatronische System (ZHAW)
Institut für Wealth & Asset Management (ZHAW)Team
Tschudy Martin Mehr über Tschudy Martin Weichselbraun Albert Mehr über Weichselbraun AlbertForschungsfelder
Data Analytics Mehr über Data AnalyticsAuftrag/Finanzierung
Innosuisse, SNSF BRIDGE PoCDauer
September 2023 – September 2026

Ausgangslage
Die Schweiz hat sich als globales Zentrum des Rohstoffhandels etabliert – ein Sektor von enormer wirtschaftlicher Bedeutung. Hier müssen Handelsunternehmen täglich Entscheidungen treffen in einem Umfeld von logistischen Problemen, geopolitischen Spannungen und Umweltereignissen, die kontinuierlich die Verfügbarkeit und die Preise von Rohstoffen beeinflussen.
Die zentrale Herausforderung liegt in der Bewältigung der Informationsmenge. Etwa 80 % der marktrelevanten Daten liegen als unstrukturierter Text vor in Form von Nachrichtenmeldungen, Regierungspublikationen, Forschungsstudien und Analystenberichten. Diese Informationsmenge übersteigt die menschliche Verarbeitungskapazität bei weitem.
Herkömmliche Analysewerkzeuge können diese Daten zwar verarbeiten, verstehen jedoch die wirtschaftlichen Zusammenhänge oft nicht korrekt. Selbst moderne Sprachmodelle interpretieren wirtschaftliche Zusammenhänge oft inkonsistent und erfassen die Dynamik von Angebot und Nachfrage unzureichend. So wird beispielsweise ein Ölplattformunfall als negatives Ereignis eingestuft, obwohl es durch Angebotsverknappung zu steigenden Preisen führt, was ein fundamentales Missverständnis grundlegender Marktmechanismen offenbar
Projektziel
Das Projekt CALM überbrückt diese Lücke durch eine neuartige Verknüpfung von Wirtschaftswissen mit Sprachverarbeitung. Der Kernansatz liegt in der Arbeitsverteilung: Statt ein einziges grosses Sprachmodell mit allen Aufgaben zu belasten, trainiert CALM kleinere Sprachmodelle spezialisiert auf Aufgaben wie Klassifizierung und Quantifizierung. Entscheidend ist dabei die innovative Trainingsmethode, deren Kern die Verbindung von wirtschaftlichem Fachwissen mit maschinellem Lernen ist. Diese ermöglicht eine kosteneffektive Ausrichtung der Modelle auf die ökonomischen Besonderheiten von Rohstoffmärkten.
In Anbetracht der Schlüsselrolle der Schweiz als globales Zentrum des Rohstoffhandels bietet diese Innovation einen vielversprechenden Ansatz, aus der Informationsflut der Märkte entscheidende Erkenntnisse zu gewinnen und fundierte Entscheidungen zu ermöglichen.
Umsetzung
Bei der methodischen Umsetzung identifizierte das Team mit erfahrenen Domänenexperten marktrelevante Ereignisse im Rohstoffsektor und entwickelte ein KI-gestütztes System für ein schnelles und zuverlässiges Erkennen und Interpretieren dieser Ereignisse.
Das Herzstück ist ein neuartiges Zusammenspiel mehrerer Sprachmodelle. Während kleinere, fokussierte Modelle grundlegende Aufgaben wie Ereigniserkennung und wirtschaftliche Klassifizierung übernehmen, verarbeiten grössere Modelle diese Daten für komplexere Funktionen wie Empfehlungen basierend auf statistischer Auswertung und Datenvisualisierung. Diese Weiterentwicklung erfolgt in Kooperation mit dem Institut für Mechatronische Systeme und dem Institut für Wealth and Asset Management.
Resultate
Die Forschungsergebnisse demonstrieren einen bemerkenswerten Zusammenhang zwischen WTI-Rohölpreisen und dem entwickelten Nachrichtenindex. Mit CrudeBERT, dem weltweit ersten speziellen Sprachmodell für den Rohölmarkt, erzielt das Team Ergebnisse, die bestehende kommerzielle Lösungen in ihrer Erklärungskraft übertreffen.
In Ergänzung zu diesen quantitativen Erkenntnissen bieten die Visualisierungen marktbestimmender Ereignisse im Rohölmarkt einen differenzierten Einblick in den Einfluss verschiedener Ereignistypen über die Zeit – von der Finanzkrise über den US-Shale-Boom bis zum Ukrainekonflikt – in einer bisher nicht realisierbaren Form und Detailtiefe.
Diese vielversprechenden Ergebnisse wurden in einer preisgekrönten Konferenzarbeit und einem Artikel in einer hochrangigen Fachzeitschrift dokumentiert. Aufgrund dieser Erfolge erhielt das Projekt Förderungen durch den Schweizerischen Nationalfond (BRIDGE Proof of Concept, Nr. 218854) und von Innosuisse (Innovationsprojekt, Nr. 117.629 IP-ICT). Zudem hat das Projekt Aufmerksamkeit von Unternehmen aus dem Rohstoff- und Energiesektor erhalten.
Team
Zusätzlich zu den Mitarbeitenden der FH Graubünden haben sich folgende FHGR-Studierende am Projekt beteiligt:
- Manuel Michel
- Noel Vase
Weiterführende Information
Beteiligte
Das Projekt wird vom Schweizerischen Institut für Informationswissenschaft (SII), dem Institut für Mechatronische System (ZHAW) und dem Institut für Wealth & Asset Management (ZHAW) umgesetzt. Finanziert wurde das Projekt von Innosuisse und SNSF BRIDGE PoC.