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Kunst und Kultur erlebbar machen

Fachhochschule Graubünden entwickelt Augmented-Reality-App

08. November 2022

Eintauchen in Sehenswürdigkeiten, sich die Geschichte hinter dem Kunstwerk erzählen lassen oder Menschen aus anderen Zeiten begegnen – eine von der Fachhochschule Graubünden entwickelte Smartphone-App macht Kunst und Kultur erlebbar. In Davos kann dank Augmented Reality ein neuer Blick auf das kulturelle Erbe geworfen werden, weitere Destinationen sollen folgen. Die Forschenden stellen das Projekt heute am Digital Competence Circle in Zürich vor.

Der Schweizer Tourismus hat in Bezug auf das Thema Digitalisierung noch Potenzial nach oben; dies ist auch in Anbetracht des derzeitigen Tourismusangebots offenkundig, welches sich vielerorts auf Klischees einer heilen Bergwelt mit Kühen, Bergen und idyllischen Dörfern reduziert. Dabei spielt die Schweiz gerade im Tech-Sektor, der auch im Tourismus immer wichtiger wird, ganz vorne mit. Darin liegt eine grosse Chance, alternative Angebote für ein technik-affines Publikum zu entwickeln. «Wir wollten explizit ein Produkt für den Tourismus kreieren», sagt Projektleiterin Simonne Bosiers, Dozentin am Institut für Multimedia Production der FH Graubünden. «In dieser Branche werden bislang oft klassische Mittel eingesetzt.»

Aus der Idee entstand die App «Augmented Swiss Heritage». Diese ist ein gemeinsames Produkt der Software-Entwicklerin Afca.ag und der Kulturwissenschaftlerin Onna Rageth (Institut für Tourismus und Freizeit) sowie der Medienwissenschaftlerin Simonne Bosiers (Institut für Multimedia Production) – unter Mitwirkung des Kirchner Museums, des Heimatmuseums Davos und der Destination Davos Klosters. Die Fachhochschule Graubünden war zuständig für die Kuration und Content Creation, die Afca.ag entwickelte die Software.

Sportler:innen ins Museum locken

Seit Sommer ist die App online und macht Davoser Sehenswürdigkeiten aus den Bereichen Kunst, Kultur, Gesundheit und Sport erlebbar, indem sie deren Betrachtungen mit digitalen Elementen unterstützt. So stehen einige der rund 30 animierten Sehenswürdigkeiten beispielsweise auch im Wald oder an der Langlaufloipe. «Mit Augmented Reality bringen wir die Kunst Ernst Ludwig Kirchners in die Landschaft – und gleichzeitig möchten wir damit Wanderer, Biker:innen und Langläufer:innen ins Museum locken», sagt Severin Bischof, Geschäftsführer des Kirchner Museums. Die Inhalte der App wurden in enger Zusammenarbeit mit dem Kirchner Museum und dem Heimatmuseum Davos erarbeitet. Sie zeigen den Aufstieg von Davos vom einst verschlafenen Bergbauerndorf zum mondänen Kur- und Tourismusort sowie Treffpunkt der europäischen Wissenschafts- und Kulturszene.

Die Forschenden untersuchen anhand der App, wie die Nutzererfahrung von Augmented-Reality-Anwendungen im Hinblick auf das bewusste Erleben und die aktive Teilnahme verbessert werden kann. Ein weiteres Projektziel ist es, dass die App auch als Vorlage für andere Destinationen genutzt werden kann. «Wir haben die Grundlagen – Prozesse, technisches Know-how und Qualitätskriterien – für eine schweizweite Vervielfältigung erarbeitet», sagt Bosiers. Davos ist das Pilotprojekt, der «Showcase», der Forscherinnen. Andere Destinationen können die App übernehmen und an ihre Bedürfnisse anpassen.

Kirchners Partnerin zum Leben erwecken

Das Neuartige besteht darin, Inhalte, die den Menschen kaum bekannt oder zugänglich sind, für sie verfügbar zu machen und diese virtuellen Inhalte audiovisuell in einer Komposition mit der Realität zu präsentieren. Gerade junge Menschen lesen ungern lange Texte und bevorzugen audio-visuelle Darstellungen. Augmented Reality ergänzt also die Realität, anstatt sie vollständig zu ersetzen. «Mit der neuen App starten unsere Gäste in eine interaktive Zeitreise durch Davos und erleben dabei virtuelle Inhalte im Zusammenspiel mit der Realität», sagt Samuel Rosenast, Leiter Kommunikation Destination Davos Klosters. «Im Idealfall haben sie den Eindruck, dass die virtuellen und realen Objekte im selben Raum koexistieren. So werden Kultur und Geschichte plötzlich erlebbar, was für uns einen riesigen Mehrwert darstellt.»

Im Kirchner Museum steht beispielsweise das Bett, das der Künstler für seine Partnerin Erna geschnitzt hat. Mit der App kann man ein von Kirchner gemaltes Porträt seiner Partnerin abrufen. Eine Lippensynchronisationsanimation erweckt es zum Leben und Erna erzählt, warum das Bett so bemerkenswert ist. Auf vier Erlebnistouren durch die Davoser Landschaft können die Interessierten zwischen den Routen «Flüela», «Wildbodenhaus», «Schatzalpbahn» und «Promenade» wählen und in die Geschichte eintauchen.

Passend dazu wurde das Forschungsprojekt am 10. November am Digital Competence Circle des Projektpartners discover.swiss zur digitalen Transformation im Tourismus vorgestellt. Im Fokus dieses Anlasses steht jeweils die Vernetzung der verschiedenen Digitalisierungs-Initiativen im Schweizer Tourismus.

Weitere Details:

Entlang verschiedener Routen kann mit der App «Augmented Swiss Heritage» in die Geschichte von Davos eingetaucht werden.
Kirchners Partnerin Erna erzählt im Museum, weshalb das Bett, das Ernst für sie geschnitzt hat, ihr so viel bedeutet.
Ernst Ludwig Kirchner entwarf auch zahlreiche Bildteppiche für Tapisserien - ein besonders farbenfrohes Werk ist ebenfalls Teil einer der Rundgänge.
Mit der App lässt sich virtuell an den Feierlichkeiten zum Zehngerichtebund teilnehmen.

Fachhochschule Graubünden

Als agile Hochschule setzt die FH Graubünden auf dynamisches Denken und proaktives Handeln. Mit diesem Mindset gestaltet sie nachhaltig die Zukunft mit. Studium und Forschung sind interdisziplinär und orientieren sich an praktischen Herausforderungen in Wirtschaft und Gesellschaft. Ihre über 2300 Studierenden bildet sie zu hochqualifizierten und verantwortungsvollen Persönlichkeiten aus. Die Hochschule bietet Studien- und Weiterbildungsangebote in Architektur, Bauingenieurwesen, Computational and Data Science, Digital Supply Chain Management, Information Science, Management, Mobile Robotics, Multimedia Production, Photonics sowie Tourismus an. In ihrer Forschung fokussiert sie auf die Themen Angewandte Zukunftstechnologien, Entwicklung im alpinen Raum und Unternehmerisches Handeln, und agiert auch partizipativ in Reallaboren. Die Mitwirkung aller Hochschulangehörigen trägt zur Weiterentwicklung der Fachhochschule und deren Qualität bei.