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Neue Schlüsseltechnologien verändern die Bibliotheken
Neue Schlüsseltechnologien verändern die Bibliotheken

Neue Schlüsseltechnologien verändern die Bibliotheken

Am Schweizerischen Institut für Informationswissenschaft SII widmet sich ein interdisziplinäres Team mit rund 20 Forschenden in unterschiedlichen Fachrichtungen Themen wie Informationswissenschaft, Bibliotheks- und Archivwissenschaft, Informatik und Soziologie. Einer von ihnen ist Rudolf Mumenthaler. Er beschäftigt sich mit neuen Schlüsseltechnologien.

Text: Karin Huber / Bild: Yvonne Bollhalder

Gutenbergs Erbe wird wohl Fortbestand haben. Aber die Digitalisierung bringt in hoher Geschwindigkeit komplett andere Formen an Bibliotheken hervor. Rudolf Mumenthaler, Professor für Bibliothekswissenschaft arbeitet mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern intensiv an der «Bibliothek der Zukunft». Sein in Forschungsprojekten gewonnenes Wissen fliesst unmittelbar in die Lehre mit ein.

Rudolf Mumenthaler, neue Technologien setzen im Bibliothekswesen neue Trends, sagen Sie. Was hat es damit konkret auf sich?
Ein wichtiger Teil meiner Forschungsarbeit ist der «Horizon Report 2014 – Edition Bibliotheken», ein «Trendreport», den wir u.a. zusammen mit dem New Media Consortium, einer amerikanischen Organisation, machen konnten. Es war schon speziell, dass wir hier «mitspielen» durften… Doch es war meine Anregung, diesen Trendreport, den es schon länger für Hochschulen gibt, auf Bibliotheken anzuwenden. Nach der ersten Erscheinungswoche lag die Downloadrate bereits bei über 800 000. Das ist einzigartig. Bis zur Publikation haben weltweit rund 50 Expertinnen und Experten online über alle relevanten Fragen diskutiert. Finanzierungspartnerin waren die ETH-Bibliothek Zürich und die Technische Informationsbibliothek Hannover.

Was sagt nun dieser Trendreport?
Es handelt sich um eine Analyse und Prognose darüber, was im Bibliothekswesen in den nächsten Jahren passieren wird. Er ist sowohl Entscheidungsgrundlage als auch Zukunftswegweiser für die Bibliotheken. Es geht hier um neue Technologien und neue Entwicklungen im Umfeld.

Die Studierenden der FH Graubünden profitieren von diesen Erkenntnissen direkt?
Ja, ich versuche die Ergebnisse direkt in die Lehre einfliessen zu lassen.

Wie werden sich also künftig die Bibliotheken verändern?
Verändern werden sich nicht nur die Technologien, mit denen man arbeiten wird. Verändern werden sich genauso die Bibliotheksräume, die Zusammenarbeit unter den Institutionen, Museen, Archiven, Kultur- und Bildungsinstituten. Bücher gehören natürlich weiterhin zu einer Bibliothek. Es werden sich aber vor allem auch die Funktionen verändern, die Infrastrukturen dazu. Studierende werden in den Bibliotheken vermehrt zusammenarbeiten, einzeln und in Gruppen, in Labors wird experimentiert und kreiert. Es geht also um mehr als nur um Wissensvermittlung.

Bücher werden also nicht ganz verschwinden…
Sicher nicht. Wir wissen, dass Studierende zum Lernen lieber Gedrucktes verwenden. Ein Aspekt ist sicher auch, dass es an den Methoden fehlt, wie mit der Technik umzugehen ist.

Was passiert in fünf Jahren?
Das weiss heute noch niemand. Es kann morgen klick machen und alles wird sich verändern.

Das Horizon-Team erkannte als Trends unter anderem einen verstärkten Fokus auf Forschungsdaten, die Priorisierung mobiler Informationsbereitstellung, den erleichterten Zugang zu Forschungsinhalten sowie neue Formen multidisziplinärer Forschung. Bibliotheken werden nun künftig die Fach- und Forschungsinformationen besser zugänglich machen müssen, ob über mobile Apps, Kataloganreicherung, die Verknüpfung von Daten oder userfreundliche Webseiten. Kürzlich ist die 2015-Ausgabe des Reports erschienen, vorerst ausschliesslich in Englisch.

Was hat dies für die FH Graubünden für Konsequenzen?
Wir werden uns auch auf diesem Weg vorwärtsbewegen. Wir können uns in das im Entstehen begriffene Service- und Innovationslabor SIL einbringen und dort einen Raum schaffen, in dem die Studierenden lernen mit neuen Technologien umzugehen, zu experimentieren, und zu lernen, wie man diese in einer Bibliothek einsetzen kann.

Werden die neuen Erkenntnisse generell in die Lehre einfliessen?
Das erworbene Wissen und die vermittelten Kompetenzen werden von der Berufspraxis verlangt. Wir haben unser Curriculum gerade entsprechend überarbeitet, um diesen Anforderungen gerecht werden zu können.

Gibt es noch weitere Forschungsprojekte, an denen Sie arbeiten?
Es ist zum einen dieses laufende KTI-Projekt überInnovation in Bibliotheken. Dann haben wir beim Nationalfonds ein Projekt zur Erforschung des Einflusses von Bibliotheken in der Stadtentwicklung eingereicht. Dabei bauen wir auf ein bestehendes Netzwerk auf, an dem verschiedene europäische Hochschulen beteiligt sind. Bei einem weiteren Projekt geht es um eine Analyse der Volksschulbibliotheken im Kanton St. Gallen. Hier geht es zum Teil um Basiswissen und auch um die Frage, wie Schulbibliotheken am besten gefördert werden können. Weiter sind wir an den Vorbereitungen für ein Forschungsprojekt zu einer Plattform für E-Books.

Ausser der Forschung sind Sie ja auch in der Lehre tätig.
Für die Lehre wende ich deutlich mehr Zeit auf. Der Forschungsanteil liegt bei etwas mehr als 20 Prozent. Ich unterrichte zum Beispiel die Module «Bibliotheksmanagement» und «Aktuelle Trends in der Bibliothekswissenschaft» und leite Seminare und Projektkurse zu unterschiedlichen Themen. Oft auch gemeinsam mit anderen Dozierenden. Zudem betreue ich zahlreiche Studierendenarbeiten.

Beitrag von

Rudolf Mumenthaler, Prof. Dr.

Professor für Bibliothekswissenschaft, Schweizerisches Institut für Informationswissenschaft (SII)