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Sind Gemeindefusionen erfolgreich?
Sind Gemeindefusionen erfolgreich?

Sind Gemeindefusionen erfolgreich?

Das Zentrum für Verwaltungsmanagement ZVM entwickelte erstmals ein mehrdimensionales Instrument zur Erfolgsmessung von Gemeindefusionen. Es basiert auf 47 Indikatoren und kommt damit den Herausforderungen in einer heterogenen und föderalistisch geprägten schweizerischen Gemeindelandschaft entgegen.

Text: Prof. Dr. Curdin Derungs & Prof. Dr. Ursin Fetz / Bild: Muriel Grau & Larissa Langone / Grafik: Kenny Stadelmann

Gemeindefusionen finden seit dem Jahr 2000 schweizweit in verstärktem Masse statt. Die Auswirkungen von Gemeindefusionen sind bisher aber erst in einigen wenigen Bereichen wie Finanzen und Partizipation untersucht worden. Es fehlte insbesondere ein Messinstrument, das die Auswirkungen verschiedener Aspekte (ökonomische, soziologische, demokratische) ganzheitlich darstellt.
Im Rahmen eines Forschungsprojektes haben Ursin Fetz und Curdin Derungs unter Mitarbeit von Antonia Hidber für die fünf Kantone Aargau, Bern, Glarus, Graubünden und Zürich einen Prototyp entwickelt. Er basiert auf der Idee, die Entwicklung einer fusionierten Gemeinde vor der Fusion (t = 0) über den Inkraftsetzungszeitpunkt (t = 1) mit einem späteren Zeitpunkt (t = 2) zu vergleichen.


Nutzen für die Gemeinden

Hauptnutzniesserin ist die fusionierte Gemeinde selber, die im Gespräch mit Expertinnen und Experten über Schwachpunkte in der Entwicklung aufgeklärt werden kann. Ein systematischer Vergleich von verschiedenen fusionierten Gemeinden untereinander oder mit nicht fusionierten Referenzgemeinden ist mit zunehmender Anzahl erfasster Gemeinden möglich. Dabei muss der unterschiedlichen Gemeindegrösse und -typologie Rechnung getragen werden. Ebenfalls ist zu berücksichtigen, dass viele externe Einflüsse auf die fusionierte Gemeinde einwirken und die eigentlichen Fusionseffekte verwässern. Dazu zählen gesellschaftliche Entwicklungen (beispielsweise Individualisierung), aber auch konkrete politische Entscheide wie etwa der neue kantonale Finanzausgleich. Schliesslich sind einige Ergebnisse mit der neuen Grösse der Gemeinde erklärbar und weniger auf die Fusion zurückzuführen. Die hohe Anzahl Indikatoren trägt trotz dieser Limitationen dazu bei, den Fusionserfolg aufgrund verschiedener Kriterien breit abgestützt beurteilen zu können.

 

Aufbau des Fusions-Checks

Der Fusions-Check besteht aus vier Teilen:

  •     Gemeindefragebogen
  •     Bevölkerungsfragebogen
  •     Forschungsbericht
  •     Leitfaden

Kernstück sind die 47 Indikatoren, aufgeteilt auf die in der Fusionsliteratur gängigen Hauptdimensionen:

  1.     Wirtschaftliche Argumente
  2.     Qualität Demokratie
  3.     Gesellschaftliche Faktoren

Als Beispiele für die erste Dimension dienen die bekannten kommunalen Finanzkennzahlen wie Verwaltungsaufwand, Selbstfinanzierungsanteil etc. Daneben wird aber auch die Qualität der kommunalen Dienstleistung, der Anteil Zugezogener und anderes mehr gemessen. Zur zweiten Dimension gehören Indikatoren wie Stimmbeteiligung oder Anzahl Kandidierende pro Amt, während zur dritten Dimension beispielsweise die Zufriedenheit mit den politischen Behörden, aber auch die Höhe der kommunalen Kulturausgaben gezählt werden.

 

Pretests und erste Erkenntnisse

In den fünf Fusionsgemeinden Bauma (ZH), Kallnach (BE), Mettauertal (AG), Sternenberg (ZH) sowie Val Müstair (GR) wurden Pretests durchgeführt. Eine erste statische Auswertung lässt vermuten, dass insgesamt die Mehrheit der Indikatoren einen positiven Effekt der Fusion ergibt. Abschliessende Ergebnisse und damit die Antwort auf den konkreten Fusionsmehrwert sind erst möglich, wenn die gleichen Gemeinden mehrmals erfasst worden sind. Die ursprüngliche These, dass sich eine Fusion positiv auf die Dimensionen «wirtschaftliche Argumente» und «Qualität Demokratie» auswirkt und negativ auf die Dimension «gesellschaftliche Faktoren» muss jedoch relativiert werden. Aufgrund der ausgewogenen Auswahl der Indikatoren können sich diese innerhalb der einzelnen Dimensionen gegenseitig neutralisieren. Umso wichtiger ist, dass neben der Gesamtschau auch die Resultate auf Indikatorenebene vertieft analysiert werden.