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«Die HTW Chur muss noch sichtbarer werden»
«Die FH Graubünden muss noch sichtbarer werden»

«Die FH Graubünden muss noch sichtbarer werden»

Regierungsrat Martin Jäger ist seit 2011 Vorsteher des EKUD (Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartements). Im Dezember 2018 endet seine Amtszeit und damit auch seine Zeit als zuständiger Departementschef für die Belange der FH Graubünden.

Text: Karin Huber / Bild: Karin Huber

Karin Huber: Herr Regierungsrat, Ende 2018 endet Ihre Amtszeit. Sie werden bald über mehr freie Zeit verfügen. Freuen Sie sich schon jetzt darauf?
Martin Jäger: Ich werde derzeit laufend mit dieser Frage konfrontiert. Natürlich freue ich mich auf meine neuen Freiheiten. Ab Januar wird mein Tagesablauf völlig anders aussehen. Bald kann ich frei über meine Agenda verfügen und werde viel Zeit für das haben, was mich brennend interessiert.

Was interessiert Sie?
Vieles. Wichtig waren und sind mir zum Beispiel geschichtliche Themen. Es warten viele Bücher im Regal, die ich lesen werde. Ich freue mich auch, Orgel spielen zu lernen, mein Italienisch zu perfektionieren und darauf, viele Wanderungen unternehmen zu können.

Was werden Sie nach Ihrer Regierungszeit nicht vermissen?
In meinem Departement bin ich für rund 600 Mitarbeitende verantwortlich. Da kommt es auch immer wieder zu schwierigen personellen Situationen. Das muss man aushalten und man muss nach fairen Lösungen suchen, was oft nicht ganz einfach ist. Darauf verzichte ich künftig gerne …

Was werden Sie vermissen?
Die schönen Seiten meiner Regierungstätigkeit. Ich bin politisch sehr engagiert und gestalte gerne mit. Das wird mir nebst den Gesprächen mit meinen Regierungsratskolleginnen und -kollegen fehlen. Fehlen werden mir aber auch die zahlreichen interessanten Kontakte.

Noch sind Sie im Amt. Wie sieht eine typische Woche als Regierungsrat aus?
Als Regierungsrat hat man viele fixe Termine. Die Tage sind fest verplant. Montags stehen bei mir Besprechungen mit den Dienststellen und den Mitarbeitenden auf der Agenda, dienstags die Regierungssitzungen ... und der Mittwochmorgen ist für das Amt für Volksschule und Sport reserviert. An Donnerstagen und Freitagen bin ich oft auswärts an schweizerischen Konferenzen – auch an Hochschulkonferenzen. Dazu kommen drei bis fünf Veranstaltungen pro Woche am Abend oder am Wochenende. Einen Tag am Wochenende habe ich noch für das Aktenstudium reserviert, ein Tag bleibt frei …

«Hätte die FH Graubünden nicht so viele auswärtige Studierende, dann hätte auch sie ein grosses Problem.»

Bildung ist seit Langem die ständige Begleiterin Ihrer beruflichen Wege. In den letzten zehn bis zwanzig Jahren hat sich die Bildungslandschaft sehr verändert. Sind Sie zufrieden mit dem Punkt, an dem die Bildung und Forschung im Kanton heute stehen?
Vor meiner Zeit als Regierungsrat und Stadtrat war ich – zwischen 1976 und 1996 – als Primarlehrer tätig. In jener Zeit hat sich im Berufsalltag der Lehrerschaft fast nichts verändert. Weil sich jedoch die Gesellschaft verändert hat, ist es im Bildungsbereich zu einem Reformstau und einem grossen Nachholbedarf gekommen. Daraus resultierte eine schwierige Situation für die Lehrerschaft. Generell haben sich die Schulen und das Bildungssystem zwischen damals und heute sehr stark verändert. Das System ist aber eindeutig besser geworden, es ist auch durchlässiger. Das ist gut so. Heute kann man beispielsweise Jurist oder Juristin werden, auch wenn man einst die Realschule besucht hat … Wir haben heute die Berufsmaturität, es gibt Fachhochschulen und viele andere Bildungsstätten. Dies ist sehr positiv.

Braucht es weitere Veränderungen?
Mein Ziel ist es, die 26 Bildungskantone zusammenzuführen. Ein paar Ausnahmen werden zwar bestehen bleiben, da die Sprachsituation kantonal unterschiedlich ist. Aber alles andere sollte möglichst einheitlich sein.

Leider hat Graubünden dem HarmoS-Konkordat (interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule) nicht zugestimmt. Ich habe dies immer bedauert. Trotzdem konnten wir Vieles verändern: Ich denke da zum Beispiel an das neue Gesetz über Hochschulen und Forschung (GHF), das neue Schulgesetz, das Sportförderungsgesetz oder auch die anstehende Totalrevision des Mittelschulgesetzes. Graubünden verfügt heute über ein gutes Bildungssystem.

Auch die FH Graubünden begleiten Sie seit sieben Jahren. Als Vorsteher des EKUD (Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartements) sind Sie unsere Vertretung in der Regierung und somit einer unserer wichtigsten Partner.
In Graubünden haben wir im Bereich der Public Corporate Governance eine strenge Regelung. Darum haben weder die Mitarbeitenden des Kantons noch ich eine Funktion in der FH Graubünden inne. Die Regierung wählt den Hochschulrat, ist jedoch – im Gegensatz zu anderen Kantonen – aus Transparenzgründen und zwecks klarer Rollenteilung nicht Mitglied des Hochschulrats.

Hingegen sind wir innerhalb der Fachhochschule Ostschweiz, wie alle übrigen Konkordatskantone, auch mit einem Regierungsmitglied vertreten. Ich selbst bin Vizepräsident des Fachhochschulrats Ostschweiz. Zu diesem Gremium gehören auch die Präsidentin und der Rektor der FH Graubünden, allerdings ohne Stimmrecht.

Die Fachhochschule Ostschweiz vereinigt vier Fachhochschulen unter einem Dach. Schwierig?
Ja, es ist ein schwieriges Gremium. Es war bisher oft frustrierend, weil man nicht gut vorangekommen ist.

Sie begrüssen also das Vorhaben der FH Graubünden, selbstständig zu werden?
Ja, denn die geplante Selbstständigkeit der FH Graubünden hat verschiedene Vorteile. Die FH Graubünden ist heute nur als Teil der FHO in der Hochschullandschaft präsent. Sie muss sichtbarer werden. Entweder führt man alle vier Hochschulen der FHO zu einer Einheit zusammen, oder die FH Graubünden wird selbstständig, was für uns viel besser wäre. Zudem ist die FH Graubünden in den letzten Jahren stark gewachsen und weist heute 80 Prozent ausserkantonale Studierende auf.

Wie haben Sie die Partnerschaft mit der FH Graubünden erlebt?
Ich pflege einen regelmässigen Austausch mit der Präsidentin des Hochschulrats und mit der Hochschulleitung. Wir diskutieren die anstehenden Probleme. Der Austausch erfolgt auch im gesamten Gremium innerhalb der Fachhochschule Ostschweiz.

Es braucht so oder so ein Hochschulzentrum Chur für die FH Graubünden.
Ja, dieser Entscheid steht. Die Regierung wird dem Grossen Rat im Oktober eine Botschaft zum Hochschulzentrum unterbreiten.

Welche Herausforderungen kommen in den nächsten Jahren auf die Bündner Bildungs- und Forschungslandschaft im Allgemeinen und auf die FH Graubünden im Speziellen zu?
Das Hauptproblem ist die demografische Entwicklung in Graubünden. 2005/2006 hatten wir den tiefsten Stand der Geburtenjahrgänge. Das hat Auswirkungen. Wir haben ja jetzt schon 700 unbesetzte Lehrstellen, und die Bildungsinstitutionen kämpfen um jeden Kopf. Hätte die FH Graubünden nicht so viele auswärtige Studierende, dann hätte auch sie ein grosses Problem. Die demografische Entwicklung ist für alle eine Herkulesaufgabe. Wir müssen einen Schrumpfungsprozess organisieren, was einen Rückbau verschiedener Bildungsinstitute bedeutet.

Wagen wir einen Blick in die Zukunft: Wo sehen Sie die FH Graubünden in zehn Jahren? Welche Erwartungen haben Sie an die Hochschule?
Die FH Graubünden hat in den letzten Jahren erfolgreich mit neuen Angeboten gearbeitet. Ich kann ihr nur weiterhin eine gute Hand bei der Entwicklung neuer Angebote wünschen. Aber auch die Hochschul- und Forschungsstrategie der Regierung mit ihren sechs Profilfeldern ist eine wichtige Zukunftsinvestition. Ich hoffe, dass diese positive Energie in gute Resultate umgesetzt wird.

Wichtig für die FH Graubünden ist, dass in Graubünden der politische Wille vorhanden ist, eine Ausbildung auf Fachhochschulniveau zu ermöglichen. Darum wird es auch in den nächsten zehn Jahren und darüber hinaus mit Sicherheit eine FH Graubünden geben – unabhängig davon, ob sie selbstständig sein wird oder nicht. Weil aber die Konkurrenz gross ist, braucht es auch künftig Kooperationen weit über die Landesgrenzen hinaus.

Über Martin Jäger

Martin Jäger ist 1953 geboren und in Samedan und Schiers aufgewachsen. Er war 20 Jahre im Kanton Graubünden als Primarlehrer tätig, bevor er von 1997 bis 2008 vollamtliches Mitglied des Churer Stadtrats war. Seit 2011 ist Martin Jäger als Regierungsrat Vorsteher des EKUD (Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartements). Ausserdem war er Präsident des Hochschulrats der Pädagogischen Hochschule Graubünden sowie Präsident des Schulverbands Passugg-Araschgen. Er wirkte ebenfalls als Vorstandsmitglied im Schulbehördenverband Graubünden und im Verein Sing- und Musikschulen Graubünden mit. Er ist zudem Vizepräsident des Fachhochschulrats Ostschweiz. Ende 2018 beendet Martin Jäger seine Amtszeit als Regierungsrat.