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Frauenanteil in der Gemeindepolitik erhöhen

Das Projekt «PROMO Femina» will Frauen den Zugang zu politischen Ämtern erleichtern und Gemeinden in der Frauenförderung unterstützen

18. Mai 2021

Nur jeder vierte Sitz in den Gemeindeexekutiven in der Schweiz wird derzeit von einer Frau besetzt – bei einem Frauenanteil von 50 Prozent an der ständigen Wohnbevölkerung. Ähnlich sieht die Situation in den Parlamenten oder Kommissionen aus. Dahinter steckt nicht etwa eine systematische Diskriminierung, sondern ein zu kleines Angebot an Kandidatinnen. Mit dem Projekt «PROMO Femina» wollen Forschende der FH Graubünden das politische Engagement von Frauen auf Gemeindeebene nachhaltig steigern. Ein Online-Tool soll Gemeinden und Parteien dabei unterstützen.

«Die Thematik zeigt sich quer durch das Land – egal ob in städtischen Gebieten oder auf dem Land. In den Gemeindeexekutiven sind meist mehr Männer als Frauen vertreten», sagt Curdin Derungs, Projektleiter am Zentrum für Verwaltungsmanagement der FH Graubünden. «Mit unserem Forschungsprojekt wollen wir einerseits Frauen ermutigen, sich politisch zu engagieren, andererseits aber auch die Gemeinden bei der Ämterbesetzung unterstützen.» So könnten diese einen Beitrag zu Diversität und Gleichstellung leisten und gleichzeitig funktionsfähig bleiben.

Helvetia ruft in den Gemeinden

Unterstützt wird das Projekt von den Gleichstellungsbüros der fünf Kantone Appenzell Ausserrhoden, Graubünden, St. Gallen, Wallis und Zürich sowie dem Schweizerischen Gemeindeverband. Die Forschenden der FH Graubünden wollen ein innovatives und breit zugängliches Online-Tool mit konkreten Massnahmen und Beispielen aus der Praxis schaffen. Mit diesem sollen potenzielle Kandidatinnen direkt angesprochen und unterstützt werden. Das Werkzeug soll aber auch Gemeinden und Lokalparteien helfen, Frauen für ein politisches Engagement zu finden und konkrete Massnahmen aufzuzeigen.

Im eidgenössischen Parlament sind aktuell von 246 Mitgliedern 95 weiblich (39 Prozent). Den absolut höchsten Frauenanteil in einem Kantonsparlament – sogar eine Mehrheit – hat seit Mitte April Neuenburg mit 58 Prozent. Ebenfalls hoch ist der Frauenanteil im Zürcher Kantonsrat mit fast 41 Prozent. Im Wallis beträgt dieser seit kurzem 35 Prozent, in Appenzell Ausserrhoden sind es 34 Prozent. Im St. Galler Kantonsparlament sind etwas mehr als ein Viertel der Mitglieder weiblich (27 Prozent) und in Graubünden ist nur gut jeder fünfte Sitz (22 Prozent) von einer Frau besetzt. Dass die paritätische Beteiligung von Frauen und Männern noch keine Realität ist, zeigt sich vor allem auch in den Gemeindeexekutiven. In Graubünden etwa wird nur knapp jede zehnte von einer Frau präsidiert und der Frauenanteil in den Exekutiven liegt durchschnittlich unter 20 Prozent. Im Kanton St. Gallen liegen diese Zahlen leicht über 20 Prozent und im Kanton Zürich wird etwa jeder vierte Sitz von einer Frau besetzt.

Bereitschaft zum politischen Engagement nimmt ab

Gemeinden nehmen in der Schweiz nach wie vor eine bedeutende Stellung ein. Auf dieser Ebene werden wichtige politische Entscheidungen getroffen, die am stärksten auf das tägliche Leben wirken. Gleichzeitig sind sie mit grossen Herausforderungen konfrontiert. Thematisch stossen Gemeinden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben oft an ihre Leistungsgrenzen und organisatorisch bereiten ihnen die digitale Transformation sowie die Besetzung von Ämtern Sorgen. «Hinzu kommt, dass die Bereitschaft zum formellen und ehrenamtlichen Engagement in der Bevölkerung tendenziell abnimmt», sagt Projektleiter Curdin Derungs. Das Forschungsprojekt sei auch auf die Stärkung des in der Schweiz verwurzelten Milizsystems ausgerichtet, wovon auch die Wirtschaft und Zivilgesellschaft profitierten. «Und den Frauen wird der Einstieg in ein politisches Amt erleichtert.» Diese können sich auf der Plattform nämlich direkt über die Möglichkeiten und Anforderungen eines politischen Engagements auf Gemeindeebene informieren und ihre Eignung sowie die nächsten Schritte abschätzen. «Vielleicht können wir so einen Beitrag leisten, den Frauenanteil in der Gemeindepolitik zu erhöhen», sagt Derungs.

Weitere Details:

 

Zahlen und Fakten zu den Projektpartnern (Kantone):

 

Appenzell Ausserrhoden (Frauenstimmrecht seit 1989):

  • Gemeinderat Herisau (Stadtregierung): von sieben Mitgliedern sind zwei Frauen (29%)
  • Kantonsregierung: fünf Männer (0%)
  • Kantonsparlament: 22 von 65 Mitgliedern sind Frauen (34%)

Graubünden:

  • Churer Stadtrat (Stadtregierung): von drei Mitgliedern eine Frau (33%)
  • Kantonsregierung: von fünf Mitgliedern alle männlich (0%)
  • Grosser Rat (Kantonsparlament): 26 von 120 Sitzen von Frauen besetzt (22%)

St. Gallen:

  • Stadt St. Stallen - Stadtrat, Präsidentin eine Frau: zwei von fünf Mitgliedern sind Frauen (40%)
  • Kantonsregierung: zwei von sieben Mitgliedern sind Frauen (29%)
  • Kantonsparlament: 32 von 120 Mitgliedern sind weiblich (27%)

Wallis:

  • Sion, Stadtregierung (Conseil municipal): drei von neun Mitgliedern sind Frauen (33%)
  • Kantonsregierung (Staatsrat): seit 1. Mai 2021 keine Frau mehr in der fünfköpfigen Regierung (0%)
  • Kantonsparlament: 45 der insgesamt 130 Sitze werden von Frauen besetzt. (35%)
    Der Frauenanteil lag in der letzten Legislatur noch bei 19.2 Prozent, jetzt wird mehr als jeder dritte Sitz von einer Frau besetzt.

Zürich:

  • Zürcher Stadtrat (Stadtregierung): zwei von neun Mitgliedern sind Frauen (22%)
  • Kantonsregierung: von sieben Mitgliedern sind vier Frauen (57%)
  • Kantonsrat (Parlament):  73 von 180 Mitgliedern sind weiblich (41%). Der Kanton Zürich war einer der ersten mit einem Frauenanteil im Parlament von über 40 Prozent.
Die Website soll nicht nur den Gemeinden eine Hilfestellung bieten, wie sie Frauenförderung betreiben können, sondern auch potenzielle Politikerinnen direkt ansprechen.

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