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Bekämpfung von Hassbildern im Internet

Fachhochschule Graubünden und Université de Fribourg sammeln visuelle Hassbotschaften

19. Januar 2023

19 Jahre nach dem Launch von Facebook und drei Monate nach der Übernahme von Twitter durch Elon Musk rufen die Fachhochschule Graubünden und die Université de Fribourg die Bevölkerung dazu auf, visuelle Hassbotschaften im Internet zusammenzutragen. Das vom Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) geförderte Forschungsprojekt will das Ausmass, den Stellenwert und die Wirkung solcher Hassbilder identifizieren. An einer Podiumsdiskussion am 3. Februar 2023 im Fotomuseum Winterthur werden verschiedene Fachleute für das Thema sensibilisieren.

Am 4. Februar 2004 ging Facebook als eine der ersten und grössten sozialen Plattformen online. Mit sozialen Medien war die Hoffnung verbunden, dass sich möglichst viele Menschen schnell und einfach vernetzen und zu Themen und Positionen austauschen können. Diese Plattformen sind jedoch auch ein Ort an dem – meist anonym – Hass im grossen Umfang verbreitet werden kann. So berichten beispielsweise 64 Prozent der befragten Jugendlichen aus den USA oder auch 78 Prozent der befragten Personen in Deutschland, mit Hassreden und Hassbotschaften konfrontiert worden zu sein. «Auch in der Schweiz ist digitale Hassrede ein verbreitetes Phänomen: Fast jede und jeder zwanzigste unserer Repräsentativbefragung wurde im letzten Jahr aufgrund einer Gruppenzugehörigkeit beleidigt oder bedroht. Am häufigsten geschah dies aufgrund des körperlichen Aussehens oder der Nationalität», sagt Prof. Dr. Dirk Baier von der Zürcher Hochschule für Angewandt Wissenschaften.

Besonders wirkungsvoll sind dabei visuelle Hassbotschaften in Form von Memes, Karikaturen, Illustrationen oder auch Fotos. Denn diese wecken Aufmerksamkeit, sind meist leicht verständlich und bleiben in Erinnerung. Als Hassbild gilt jede visuelle Darstellung, die jemand als diskriminierend oder verletzend wahrnimmt oder die zu Gewalt aufruft bzw. sie verherrlicht. «Trotz der besonderen Wirkmacht von Bildern, wissen wir jedoch nur sehr wenig darüber, gegen wen sich die visuelle Hasskommunikation richtet, auf welchen Plattformen sie verbreitet werden und welches Stilmittel dafür eingesetzt wird», sagt Prof. Dr. Franziska Oehmer-Pedrazzi von der Fachhochschule Graubünden und Co-Leiterin des Projektes «Ein Bild verletzt mehr als 1000 Worte». Wirkungsvolle Massnahmen zur Bekämpfung von Hassbildern seien bisher noch nicht gefunden.

Aufruf zur Teilnahme am Projekt: «Ein Bild verletzt mehr als 1000 Worte»

Hier setzt das vom BAKOM geförderte Forschungsprojekt an: Ziel ist es in einem ersten Schritt, das Ausmass und die Merkmale von visuellen Hassbotschaften zu identifizieren. Die Forschenden interessiert dabei beispielsweise welche Personengruppen besonders häufig Gegenstand von Hassbildern oder auf welchen Plattformen und Kommunikationskanälen Hassbilder verbreitet werden. Aus diesen Erkenntnissen sollen in einem zweiten Schritt Massnahmen gegen Hassbilder entwickelt und getestet werden.

«Wir wissen, dass bestimmte Formen der Gegenrede die Verbreitung und die Wirkung von Hassrede abschwächen können. Wie wir gegen visuelle Formen des Hasses vorgehen können, testen wir experimentell im Rahmen unseres Forschungsprojektes», erklärt Stefano Pedrazzi Co-Leiter des Projekts (Université de Fribourg) das geplante Vorgehen.

Mit dem Forschungsprojekt sollen umfassende und repräsentative Erkenntnisse über die Merkmale von Hassbildern, die auf sämtlichen Plattformen und Kanälen verbreitet werden (können), gewonnen werden. «Was wir nicht messen, nehmen wir nicht wahr. Erst mit einer repräsentativen Datengrundlage können wir das Ausmass erkennen und Massnahmen identifizieren», sagt Nikki Böhler, ehemalige Geschäftsführerin von Opendata.ch und Kooperationspartnerin im Forschungsprojekt. Hierfür sind die Forschenden auf die Beteiligung möglichst vieler Unterstützerinnen und Unterstützer – Datenspenderinnen und -spender – angewiesen. Ab sofort bis zum 5. März 2023 können auf der Website www.hassbilder-verletzen.ch Beispiele von visuellen Hassbotschaften hochgeladen werden. In einem ersten Schritt fokussiert das Projekt auf die Deutschschweiz.

Das Forschungsprojekt wird von verschiedenen Kommunikationspartner wie etwa Alliance F, opendata.ch, dem Dachverband Schweizer Jugendparlamente und dem Museum für Kommunikation unterstützt. Diese machen ebenfalls auf die Aktion und die Relevanz der Datenspende aufmerksam, und stehen den Forschenden mit ihrer Expertise zur Verfügung.

Weitere Details:

Hybride Medienkonferenz mit anschliessender Podiumsdiskussion:

Freitag, 03. Februar 2023, 14 Uhr, Fotomuseum Winterthur (Zoom-Link)

  • Begrüssung
  • Erkenntnisse aus der Studie "Wer «hasst» wie oft in der digitalen Schweiz?" (Prof. Dr. Dirk Baier, Leiter des Instituts für Delinquenz und Kriminalprävention der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW)
  • Perspektive Aktivistin für Diversität
    (Yuvviki Dioh, Agentin für Diversität, Schauspielhaus Zürich)
  • Möglichkeiten der Bekämpfung von Hassbildern
    (Laurenzia Karrer; Universität Bern)
  • Informationen zum Projekt & Aufruf zur Beteiligung
    (Prof. Dr. Franziska Oehmer-Pedrazzi, Stefano Pedrazzi, Nikki Böhler)
  • Fragerunde

Im Anschluss (15.30-16.30 Uhr) findet eine Podiumsdiskussion zum Thema «(Visuelle) Hassbotschaften in der Schweiz» statt. Neben den Teilnehmer:innen der Medienkonferenz wird dabei auch Maximilian Schubert, Public Policy Advisor Österreich & Schweiz bei Meta die Perspektive einer Plattform einbringen.

Die beiden Veranstaltungen können unter folgendem Link auch online besucht werden:

Weitere Auskünfte

Prof. Dr. Dirk Baier von der Zürcher Hochschule für Angewandt Wissenschaften
Prof. Dr. Franziska Oehmer-Pedrazzi von der Fachhochschule Graubünden und Co-Leiterin des Projektes
Stefano Pedrazzi Co-Leiter des Projekts von der Université de Fribourg
Nikki Böhler, ehemalige Geschäftsführerin von Opendata.ch und Kooperationspartnerin im Forschungsprojekt

Fachhochschule Graubünden

Als agile Hochschule setzt die FH Graubünden auf dynamisches Denken und proaktives Handeln. Mit diesem Mindset gestaltet sie nachhaltig die Zukunft mit. Studium und Forschung sind interdisziplinär und orientieren sich an praktischen Herausforderungen in Wirtschaft und Gesellschaft. Ihre über 2300 Studierenden bildet sie zu hochqualifizierten und verantwortungsvollen Persönlichkeiten aus. Die Hochschule bietet Studien- und Weiterbildungsangebote in Architektur, Bauingenieurwesen, Computational and Data Science, Digital Supply Chain Management, Information Science, Management, Mobile Robotics, Multimedia Production, Photonics sowie Tourismus an. In ihrer Forschung fokussiert sie auf die Themen Angewandte Zukunftstechnologien, Entwicklung im alpinen Raum und Unternehmerisches Handeln, und agiert auch partizipativ in Reallaboren. Die Mitwirkung aller Hochschulangehörigen trägt zur Weiterentwicklung der Fachhochschule und deren Qualität bei.