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Den Steinbock wieder zum Klettern bringen

01. Dezember 2017

«Ganz normal digital» lautete das Motto des gut besuchten 10. Tourismus-Trendforums an der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur vom 30. November 2017. Die Digitalisierung hat sich längst im Alltag breitgemacht, und die Konsumentinnen und Konsumenten sowie Gäste profitieren von ihren Vorteilen. Auch für die Anbieterseite entstehen grosse Chancen, die allerdings nicht automatisch zu Marktvorteilen werden, sondern aktiv und klug genutzt werden müssen. Dies ist nicht ganz einfach in einer heterogenen Tourismusregion, die zudem unter Druck steht und Marktanteile verliert.

 
Smart Data, Augmented Reality, Reverse Marketing, Crowd-Funding: Vor zehn Jahren hat davon noch niemand gesprochen, heute kommt keine Wirtschafts- oder Wissenschaftstagung mehr um diese Themen des digitalen Zeitalters herum. Das birgt die Gefahr der Übersättigung und Abwehrhaltung. So hat erst ein Teil der Hotels in Graubünden, wie eine Untersuchung des Institutes für Tourismus und Freizeit (ITF) an der HTW Chur zeigt, die Herausforderung aktiv angenommen und digitale Strategien entworfen. Viele Tourismusunternehmen und -organisationen fühlen sich überfordert und warten ab, oder sie verlieren sich in Details. Dadurch geraten sie ins Hintertreffen und drohen den Anschluss zu verlieren. Aber nicht nur einzelne Leistungsträger sind herausgefordert, sondern auch Destinationen, die im ungeschützten globalisierten Tourismusmarkt unterzugehen drohen, weil sie nicht mehr genügend Beachtung finden und an den Bedürfnissen der neuen Kundinnen und Kunden vorbeiproduzieren.


Digitale Transformation als strategische Führungsaufgabe
Die traditionellen Stärken Graubündens sind zwar noch immer wichtig, aber sie müssen modernisiert und zeitgemäss kommuniziert werden. Dazu gilt es die Regeln der digitalen Zeit zu akzeptieren und aktiv zu nutzen. Dafür sind fundamentale Anpassungen der Strukturen unumgänglich. Konzentration der Mittel, Fokussierung, Schnelligkeit und Flexibilität heissen die Erfolgskriterien des digitalen Zeitalters. Dem steht die aktuelle Zersplitterung der Marketingaktivitäten und der Finanzmittel diametral entgegen. Digitalisierung ist daher nicht nur eine technische Herausforderung, sondern primär eine der strategischen Führung, wie Aschi Wyrsch, Präsident von hotelleriesuisse Graubünden, im Schlusspanel zum Ausdruck brachte. Allerdings sind die Steinböcke etwas träge geworden, meinte Gastreferent Ludwig Hasler, und haben sich nach dem Wegfall ihrer natürlichen Feinde Wolf und Bär in die Niederungen vorgewagt. Sie haben dabei das Klettern verlernt und sind den Angriffen der neuen Feinde wehrlos ausgesetzt, denen die schnelleren und an die Umgebung gewohnten Rehe flink entkommen können. Er rät zu einer Rückbesinnung auf die Qualitäten der an sich armen und kargen Schweiz, die frühere Herausforderungen des technischen Wandels – zum Beispiel im maschinellen Zeitalter – aktiv und schnell aufgriff und Erfolgspositionen aufbaute. Mit der nötigen Entschlossenheit und Radikalität kann dies auch im alpinen Tourismus gelingen, der keinesfalls ein Auslaufmodell ist.

 
Die Zeit ist reif für den Wandel
Auch kleine Unternehmen sind in der Lage, digitale Trends zu nutzen, wie in einer technischen Breakout-Session zum Thema Augmented, Virtual und Mixed Reality gezeigt wurde. Oder sie können mittels Crowd-Funding loyale Communities aufbauen und an sich binden, wie Michael Kauer von der Schweizerischen Gesellschaft für Hotelkredit in einer weiteren Breakout-Session zum Ausdruck brachte. Die touristischen Unternehmen werden in ihren Bestrebungen von Verbänden wie hotelleriesuisse und von Hochschulen wie der HTW Chur unterstützt. So lassen sich auch anspruchsvolle Themen wie Smart Data und Market Intelligence angehen. Graubünden Ferien hat die Zeichen der Zeit ebenfalls erkannt und ist dabei, sich von einer Marketing- zu einer Enabler- und Beratungsinstitution zu entwickeln. Die Zeit zum Wandel ist reif, meinte Rolf Schafroth, Vertreter des Tourismusrates und Mitautor der an alle verteilten neuen Weissbuches für den Bündner Tourismus in der Schlussdiskussion, und wurde darin durch einen langen Schlussapplaus bestärkt.

 

  • Dr. Ludwig Hasler betonte im Hauptreferat des 10. Tourismus Trendforums der HTW Chur den Wert des Analogen in der heutigen On-Demand-Kultur.
  • In einer Breakout-Session am 10. Tourismus Trendforum der HTW Chur ging Dr. Jan Mosedale den Fragen nach, inwiefern Smart Data eine Quelle von Innovation und Wachstum im Tourismus sind und wie durch Smart Data ein Mehrwert für den Gast geschaffen werden kann?

Fachhochschule Graubünden

Als agile Hochschule setzt die FH Graubünden auf dynamisches Denken und proaktives Handeln. Mit diesem Mindset gestaltet sie nachhaltig die Zukunft mit. Studium und Forschung sind interdisziplinär und orientieren sich an praktischen Herausforderungen in Wirtschaft und Gesellschaft. Ihre über 2300 Studierenden bildet sie zu hochqualifizierten und verantwortungsvollen Persönlichkeiten aus. Die Hochschule bietet Studien- und Weiterbildungsangebote in Architektur, Bauingenieurwesen, Computational and Data Science, Digital Supply Chain Management, Information Science, Management, Mobile Robotics, Multimedia Production, Photonics sowie Tourismus an. In ihrer Forschung fokussiert sie auf die Themen Angewandte Zukunftstechnologien, Entwicklung im alpinen Raum und Unternehmerisches Handeln, und agiert auch partizipativ in Reallaboren. Die Mitwirkung aller Hochschulangehörigen trägt zur Weiterentwicklung der Fachhochschule und deren Qualität bei.