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Gerechtigkeit, Anreize und heterogene Bedarfe

08. Februar 2018

Ein internationales Forschungsprojekt mit Beteiligung der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur ist den impliziten volkswirtschaftlichen Kosten auf der Spur, welche durch bedarfsgerechte Umverteilung entstehen. Antworten darauf sollen im 2021 vorliegen.

Die Umverteilung von Einkommen ist eine Hauptaufgabe moderner Staaten. Dabei werden staatliche Zuweisungen vor allem nach dem Grad der Bedürftigkeit vorgenommen: kinderreiche Familien erhalten mehr staatliche Unterstützung als weniger kinderreiche, alte und gebrechliche empfangen mehr Zuwendungen als junge und gesunde Gesellschaftsmitglieder. Wie aber wirkt sich dieser Zuweisungsmodus auf die Leistungsbereitschaft der Gesellschaft aus, die finanziellen Ressourcen für die Umverteilung bereitzustellen? Ökonominnen und Ökonomen sind sich sicher, dass sie Kosten verursacht. Besonders interessant sind hierbei aus volkswirtschaftlicher Sicht jene (als «implizit» bezeichneten) Kosten, die aus den fehlenden Anreizen entstehen, Arbeitsanstrengungen zu leisten. Anders ausgedrückt schafft eine Besteuerung von Arbeitseinkommen einen Anreiz, weniger zu arbeiten: Freizeit wird nicht besteuert während die Arbeitsleistung nur nach Abzug der Steuer entlohnt wird. Schlimmer noch, wer sich wenig anstrengt, kommt in den Genuss staatlicher Fürsorge.


Persönliches Verschulden vs. unverschuldete Zufälle
Das vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) mit CHF 310 000 unterstützte Projekt «Gerechtigkeit, Anreize und heterogene Bedarfe» untersucht vor diesem Hintergrund die Bedeutung impliziter Kosten, die durch bedarfsgerechte Umverteilung aufgeworfen werden. Zu diesem Zweck werden die theoretischen Anreizstrukturen eines solchen Umverteilungsmechanismus analysiert und experimentell getestet. Besonderen Augenmerk legt das Forscherteam um Prof. Dr. Andreas Nicklisch, Dozent am Zentrum für wirtschaftspolitische Forschung (ZWF) der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur, hierbei auf Bedarfe, welche sich aus einer Mischung von persönlichem Verschulden und unverschuldeten Zufallsergebnissen ergeben. «Dies scheint besonders wichtig mit Hinblick auf die Nachhaltigkeit eines nationalen Gesundheits- und Rentensystems zu sein, da hier persönliche Verantwortung für erhöhte Bedarfe – etwa erhöhte Fettleibigkeit – in Verbindung mit unverschuldeten Schicksalsschlägen – etwa die spontane Erkrankung des Herzkreislaufsystems – zu erhöhtem medizinischen Versorgungsbedarf und mithin höheren staatlichen Zuschüssen führen.»  

In welchem Umfang akzeptieren aber Leistungsträger einer Gesellschaft die Besteuerung ihrer Arbeitseinkommen zur Finanzierung dieser Mehrbedarfe? Das Forschungsprojekt entwickelt Antworten auf diese Frage. Als solches ist es Teil eines interdisziplinären Forschungsverbundes aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, welcher durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, den österreichischen Fond zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung und den SNF mit insgesamt EUR 2.4 Mio. zwischen 2018 und 2021 gefördert wird.

 

Wirtschafts- und regionalpolitisches Kompetenzzentrum
Als Kompetenzzentrum für Volkswirtschaftslehre, Wirtschaftspolitik und angewandte Statistik an der HTW Chur erbringt das Zentrum für wirtschaftspolitische Forschung (ZWF) Forschungs- und Beratungsdienstleistungen für Wirtschaft und Politik und trägt zur Lösung von wirtschafts- und regionalpolitischen Fragen bei. Das ZWF versteht sich zudem als Diskussionsplattform im Bereich der nationalen und regionalen Wirtschaftspolitik und fördert den Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Die Forschung des ZWF ist anwendungs- und lösungsorientiert und zur Hauptsache auf Fragestellungen und Probleme ausgerichtet, die den alpinen Raum betreffen. Innerhalb des Forschungsschwerpunktes Wirtschaftspolitik konzentriert sich das ZWF auf die drei miteinander verknüpften Forschungsfelder Regionalentwicklung, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sowie Energieökonomie.

Fachhochschule Graubünden

Als agile Hochschule setzt die FH Graubünden auf dynamisches Denken und proaktives Handeln. Mit diesem Mindset gestaltet sie nachhaltig die Zukunft mit. Studium und Forschung sind interdisziplinär und orientieren sich an praktischen Herausforderungen in Wirtschaft und Gesellschaft. Ihre über 2300 Studierenden bildet sie zu hochqualifizierten und verantwortungsvollen Persönlichkeiten aus. Die Hochschule bietet Studien- und Weiterbildungsangebote in Architektur, Bauingenieurwesen, Computational and Data Science, Digital Supply Chain Management, Information Science, Management, Mobile Robotics, Multimedia Production, Photonics sowie Tourismus an. In ihrer Forschung fokussiert sie auf die Themen Angewandte Zukunftstechnologien, Entwicklung im alpinen Raum und Unternehmerisches Handeln, und agiert auch partizipativ in Reallaboren. Die Mitwirkung aller Hochschulangehörigen trägt zur Weiterentwicklung der Fachhochschule und deren Qualität bei.