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Knackpunkt «Energiewende und Strompreise»

«Energiewende und Strompreise»

17. November 2022

Die Strompreise an der Börse haben sich zwischen Januar und Dezember 2021 verzehnfacht, was dazu führte, dass eine Megawattstunde (MWh) Ende Dezember für knapp CHF 500 verkauft wurde. Einer der Gründe für diese enorme Preiserhöhung ist der Anstieg der Preise für Emissionsrechte, die im EU-Emissionshandelssystem (EU ETS) seit 2005 gehandelt werden. Über dieselbe Periode, also von Januar bis Dezember 2021 hat sich nämlich der Preis für Emissionsrechte ebenfalls fast verzehnfacht, von knapp über 10 Euro auf über 85 Euro pro Tonne CO2. Doch wie sind diese parallelen Entwicklungen zu erklären?

Alle fossilen Energieträger (z.B. Kohle- und Gaskraftwerke) stossen CO2 in die Atmosphäre bei der Stromerzeugung aus. Mit der Einführung des EU-Emissionshandelssystems ist seit 2005 der CO2-Ausstoss in der Europäischen Union nicht mehr kostenlos. Das heisst, alle Kohle- und Gaskraftwerke müssen für jede Tonne emittiertes CO2 ein Emissionszertifikat kaufen. Durchschnittlich stosst ein Kohlekraftwerk für eine MWh Strom eine Tonne CO2 aus. Das heisst, wenn der Preis für Emissionsrechte für eine Tonne CO2 steigt, wie zum Beispiel Ende 2021 von 10 auf 85 Euro, dann steigen die Stromproduktionskosten für eine MWh Strom aus Kohle um ungefähr 75 Euro. Hingegen emittieren Gaskraftwerke im Vergleich zu Kohlekraftwerken durchschnittlich halb so viele CO2 Emissionen. Das bedeutet, dass Gaskraftwerke weniger Zertifikate für eine MWh Strom brauchen. Und somit steigen die Stromproduktionskosten der Kohlekraftwerke stärker an als die von Gaskraftwerken, wenn die Preise für Emissionsrechte steigen.

Der Anstieg der Preise für Emissionsrechte löst einen direkten und einen indirekten Effekt im Strommarkt aus.

  1. Der direkte Effekt ist die Erhöhung der Strompreise: Wenn die Preise für Emissionsrechte steigen, steigen dadurch auch die Stromproduktionskosten aus Kohle- und Gaskraftwerke. Dieser Anstieg spiegelt sich dann direkt in den gehandelten Strompreisen wider.
  2. Der indirekte Effekt ist ein Ersatz des Kohlestroms durch Gasstrom: Wenn die Kohlestromproduktion teurer wird als die Stromproduktion aus Gas, dann muss Gasstrom den Kohlestrom ersetzen. Auf dem Strommarkt kommt immer zuerst die Technologie zum Einsatz, die am günstigsten in der Erzeugung ist.

Durch die Verschiebung von Kohle- hin zu Gasstrom sinken die Emissionen aus der Stromproduktion, was dazu beiträgt das Ziel des EU-Emissionshandelssystems zu erreichen. Aber wenn mehr Strom aus Gas gewonnen werden muss, dann steigt die Gasnachfrage, was wiederum zu einer Erhöhung des Gaspreises führt. Die Daten zeigen, dass der Gaspreis von ungefähr 20 auf über 150 Euro pro MWh zwischen Januar und Dezember 2021 angestiegen ist. Bei diesem Gaspreisanstieg hat die Erhöhung der Preise für Emissionsrechte mit Sicherheit einen grossen Einfluss gehabt.

Selbstverständlich hängt der Strompreis auch unter anderem sehr stark davon ab, wie sich die Strommenge aus Wasser, Wind, Sonne, und Atomkraft entwickeln.

Der Krieg in der Ukraine und anschliessend der Rückgang der Gaslieferungen aus Russland hat die Lage auf den europäischen Energiemärkten noch stärker verschärft, wodurch der Gaspreis für eine MWh sogar über 300 Euro angestiegen ist. Deswegen sind die Strompreise auch Ende August mit über 700 Euro pro MWh in die Höhe getrieben worden.

Kurzfristig können diese angebotsseitigen Schocks, die die Energiemärkte getroffen haben, durch Energieeffizienzmassnahmen am einfachsten abgedämpft werden. Deswegen hat der Bundesrat, wie auch die anderen Regierungen europaweit, verschiedene Massnahmen getroffen, um Strom- und generell Energiebedarf zu reduzieren.

Langfristig kann eine Unabhängigkeit vom russischen Gas und eine klimafreundliche Stromerzeugung nur durch den Zubau von Erzeugungskapazitäten aus Erneuerbarer Energie und Energieeffizienz gelingen. Eine möglichst hohe Energieeffizienz zu erreichen ist dabei besonders wichtig, denn es gilt weiterhin: Die sauberste Energie ist und bleibt die, die erst gar nicht konsumiert wird.