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Lehmann erläutert Weiterentwicklung der Agrarpolitik

BLW-Direktor Lehmann erläutert die geplante Weiterentwicklung der Agrarpolitik

04. Mai 2018

Am gut besuchten 11. Gesprächskreis zur Wirtschaftspolitik an der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur erläuterte der Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft die geplante Weiterentwicklung der Agrarpolitik. In einer Expertenrunde sowie einer öffentlichen Podiumsdiskussion diskutierten namhafte Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaftskreisen, Verwaltung, Politik, Forschung und Landwirtschaft über die Chancen und Risiken der Marktöffnung sowie den Folgen neuer Freihandelsabkommen für die Schweizer Agrarwirtschaft.
 
Der Bundesrat hat am 1. November 2017 sein Konzept für die Weiterentwicklung der Agrarpolitik ab dem Jahr 2022 vorgestellt. Angesichts der langfristig negativen volkswirtschaftlichen Auswirkungen des hohen Grenzschutzes bei Agrargütern spricht er sich für dessen Abbau aus. Dies soll primär durch eine gegenseitige Marktöffnung im Rahmen von neuen sowie weiterentwickelten Freihandelsabkommen erfolgen. Damit hat der Bundesrat eine kontroverse Diskussion angestossen und zu Verunsicherungen in Bauernkreisen geführt.
 
Nur begrenzte Marktöffnung geplant
Am vergangenen Donnerstag, 3. Mai 2018, erläuterte Bernard Lehmann, Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft BLW die Stossrichtung der Agrarpolitik ab 2022. In seinem Referat stellt er klar, dass kein umfassender Abbau des Grenzschutzes geplant sei, sondern lediglich eine begrenzte Öffnung bei wenigen Produkten mit ausgewählten Freihandelspartnern. Ein umfassendes Freihandelsabkommen mit der EU sei auf absehbare Zeit nicht vorgesehen. Die Schweizer Landwirtschaft soll vermehrt das produzieren, was national wie international nachgefragt wird und womit Geld verdient werden kann. Im Zentrum steht dabei die bessere Vermarktung von Schweizer Nahrungsmitteln im In- und Ausland, etwa über neue Premium-Produkte oder geschützte Markenbezeichnungen. Neue Betriebsmodelle, Produkte und Technologien sollen vermehrt genutzt werden, um zusätzliche Kundinnen und Kunden zu gewinnen und gleichzeitig die Umwelt besser zu schützen. Lehmann gab auch zu bedenken, dass ausländische Betriebe aufgeholt haben: Beispielsweise könne Bio-Rindfleisch nach Schweizer Standards auch bald in Südamerika produziert werden.
 
Schrittweises Vorgehen und verlässliche Rahmenbedingungen gefordert 
In der anschliessenden Podiumsdiskussion betonte Thomas Roffler, Präsident des Bündner Bauernverbandes, dass sich die Bauern Graubündens dieser Diskussion stellen. Er wies jedoch darauf hin, dass die Bauern für ihre langfristigen Investitionen verlässliche Rahmenbedingungen brauchen. Der Vertreter der Migros, Jürg Maurer, betonte, dass der Detailhändler grundsätzlich eine Marktöffnung begrüsse, jedoch für ihre bedeutende Lebensmittelindustrie auf eine schrittweise und vorhersehbare Öffnung des Marktes angewiesen sei.
 
Internationaler Marktzugang ist für Beschäftigung und Wohlstand zentral
Rudolf Minsch, Chefökonom von Economiesuisse, und Christian-Erik Thöny, CEO der CEDES, zeigten auf, dass der Wohlstand der Schweiz massgeblich davon abhänge, dass Schweizer Unternehmen Zugang zu internationalen Märkten haben. Dabei bilden bilaterale Freihandelsabkommen zurzeit das wirksamste Instrument. Dabei geht es nicht nur um den Abbau von Zöllen, sondern auch um die Vereinfachung der Zulassung von Produkten. Jedoch behindert der Agrarprotektionismus der Schweiz den Abschluss neuer Abkommen und die Schweiz droht gegenüber der EU ins Hintertreffen zu geraten. Thöny erläuterte am Beispiel der CEDES, wie die Firma heute erfolgreich auf dem chinesischen Markt tätig ist und wie sie mit Effizienzmassnahmen und Innovation auf den starken Preisdruck reagiert. Abschliessend betonten alle Podiumsteilnehmer, dass letztlich in allen Branchen in der Schweiz, in der Industrie als auch in der Landwirtschaft, gute Ausbildung und Innovation die Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg sind. Viele Bauern und andere Unternehmen im Lebensmittelbereich seien bereits erfolgreich in dieser Richtung unterwegs – gerade in Graubünden – und diesen Weg gelte es konsequent weiterzuverfolgen.
 
Vorgängige Expertenrunde
Vor dem öffentlichen Anlass fand an der HTW Chur eine Expertenrunde zu den Vor- und Nachteilen einer Aufhebung des Grenzschutzes bei der Agrarpolitik infolge neuer Freihandelsabkommen statt. Die beiden Professoren Peter Moser (HTW Chur) und Mathias Binswanger (Fachhochschule Nordwestschweiz) zeigten in zwei kurzen Inputreferaten zum einen die Wirkung von Freihandelsabkommen und zum andern die Konsequenzen eines Abbaus des Agrarschutzes auf. 

Ansprechpartner für volkswirtschaftliche Analyse, Beratung und Ausbildung
im Bereich der Wirtschaftspolitik

Der Gesprächskreis zur Wirtschaftspolitik wurde dieses Jahr zum 11. Mal durch das Zentrum für wirtschaftspolitische Forschung (ZWF) durchgeführt. Als Kompetenzzentrum für Volkswirtschaftslehre, Wirtschaftspolitik und angewandte Statistik an der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur erbringt das ZWF Forschungs- und Beratungsdienstleistungen für Wirtschaft und Politik und trägt zur Lösung von wirtschafts- und regionalpolitischen Fragen bei. Das ZWF versteht sich zudem als Diskussionsplattform im Bereich der nationalen und regionalen Wirtschaftspolitik und fördert den Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Die Forschung des ZWF ist anwendungs- und lösungsorientiert und zur Hauptsache auf Fragestellungen und Probleme ausgerichtet, die den alpinen Raum betreffen. Innerhalb des Forschungsschwerpunktes Wirtschaftspolitik konzentriert sich das ZWF auf die drei miteinander verknüpften Forschungsfelder Regionalentwicklung, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sowie Energieökonomie.

 
Bildlegende:

  • Bernard Lehmann, Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft BLW, im Gespräch mit Peter Moser, Professor der HTW Chur (Bild: Marc Herter / HTW Chur)

Fachhochschule Graubünden

Als agile Hochschule setzt die FH Graubünden auf dynamisches Denken und proaktives Handeln. Mit diesem Mindset gestaltet sie nachhaltig die Zukunft mit. Studium und Forschung sind interdisziplinär und orientieren sich an praktischen Herausforderungen in Wirtschaft und Gesellschaft. Ihre über 2300 Studierenden bildet sie zu hochqualifizierten und verantwortungsvollen Persönlichkeiten aus. Die Hochschule bietet Studien- und Weiterbildungsangebote in Architektur, Bauingenieurwesen, Computational and Data Science, Digital Supply Chain Management, Information Science, Management, Mobile Robotics, Multimedia Production, Photonics sowie Tourismus an. In ihrer Forschung fokussiert sie auf die Themen Angewandte Zukunftstechnologien, Entwicklung im alpinen Raum und Unternehmerisches Handeln, und agiert auch partizipativ in Reallaboren. Die Mitwirkung aller Hochschulangehörigen trägt zur Weiterentwicklung der Fachhochschule und deren Qualität bei.