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Subventionen von Erneuerbaren schaden der Wasserkraft

Erneuerbare Energien stärker subventionieren oder die Kohlenstoffpreisgestaltung intensivieren? Auswirkungen auf Energiespeicher

03. November 2020

Um die Energiewende zu schaffen haben viele Staaten ehrgeizige Förderprogramme für erneuerbare Energien eingeführt. Diese untergraben jedoch die Wettbewerbsfähigkeit von Energiespeichern, obwohl deren Koexistenz grundsätzlich notwendig ist. Als Alternative schlagen Forschende eine Intensivierung der Kohlenstoffpreisgestaltung vor.

von Adhurim Haxhimusa | Fachhochschule Graubünden | in Zusammenarbeit mit Mario Liebensteiner (FA Universität, Erlangen-Nürnberg) und Fabian Naumann (TU Kaiserslautern) | Titelfoto von ciboulette | Pexels

 

Kombination von erneruerbaren Energien und Stromspeichern als Lösung zur Gewährleistung eines reibungslosen und effektiven Prozesses der Dekarbonisierung?

Viele Staaten weltweit haben ehrgeizige Förderprogramme für erneuerbare Energien eingeführt, um den anthropogenen Klimawandel zu bekämpfen. Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC, 2018) schätzt, dass global ein Anteil von weit über 70% an erneuerbaren Energien erforderlich ist, um die globale Erwärmung auf 1,5°C zu reduzieren.

Die wichtigsten Technologien für erneuerbare Energien, Wind- und Sonnenenergie, sind jedoch in ihrer Stromproduktion intermittierend und folgen nicht den Stromnachfragemustern, und stellen somit eine große Herausforderung für das Energiesystem dar. Infolgedessen sind die Netzbetreiber gezwungen, unerwünschte Schritte zu unternehmen, wie z.B. teilweise Kürzungen der Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien und Redispatch-Maßnahmen, um die Netzstabilität aufrechtzuerhalten, was letztendlich die Wirksamkeit der Klimapolitik verringert. Eine Kombination von erneuerbaren Energien und Stromspeichern wurde in vielen Studien als Lösung zur Gewährleistung eines reibungslosen und effektiven Prozesses der Dekarbonisierung präsentiert (z.B. Sinn, 2017). Darin wird argumentiert, dass große elektrische Speicher mit hoher Flexibilität in der Lage sind, nicht nur auf die kurzfristige, sondern auch die langfristige Volatilität von erneuerbaren Energien, als auch auf die Nachfrage zu reagieren, und daher wesentlich zur Sicherstellung der Elektrizitätsversorgung beizutragen und die Systemintegration erneuerbarer Energien zu unterstützen.

Der deutsch-österreichische Grosshandelsspotmarkt: Wind & Sonne vs. Wasser

Während Österreich mit seinen großen hydroelektrischen Pumpspeicherkapazitäten als die "Batterie Europas" bekannt ist, ist Deutschland das Land mit den größten Kapazitäten an erneuerbaren Energien, hauptsächlich in Form von Wind- und Sonnenenergie. Österreichische und deutsche Kraftwerke arbeiten am gemeinsamen deutsch-österreichischen (DE/AT) Großhandelsspotmarkt für Strom und sind damit ein Paradebeispiel für die Wechselwirkung zwischen Speicherkraftwerken und Stromeinspeisung aus erneuerbaren Energien. Das grundlegende Geschäftsmodell von Pumpspeicherkraftwerken beruht auf zeitlichen Unterschieden im Strompreis: in Zeiten niedriger Preise wird Wasser bergauf in einen Stausee gepumpt und in Zeiten hoher Strompreise zur Stromerzeugung genutzt wird. Jedoch gibt es einschlägige empirische Belege für die dämpfende Wirkung der erneuerbaren Energien auf den Stromgroßhandelspreis. Daher könnte ein besonders kontraproduktiver Effekt darin bestehen, dass die erneuerbaren Energien die Rentabilität von Pumpspeicherkraftwerken, als einzige wirtschaftlich rentable Großspeicheranlagen, untergraben könnten. Wenn Wind- und Solarenergie den Strompreis senken und/oder Preisspitzen dämpfen würden, wäre die Rentabilität von Pumpspeicherkraftwerken behindert - mit potenziell langanhaltenden negativen Auswirkungen auf die Investitionstätigkeit in diese Speicher.

Der vorliegende Beitrag untersucht daher die Frage, ob erneuerbare Energien tatsächlich die Rentabilität von Pumpspeicherkraftwerken untergraben. Wir schätzen empirisch die Wirkungskette, wie erneuerbare Energien den Stromgroßhandelspreis drücken und die Rentabilität von Pumpspeicherkraftwerken fördern. Dazu erstellen wir ein Maß für die betriebliche Rentabilität der Pumpspeicherindustrie auf Basis hochfrequenter Daten in der Stundenauflösung österreichischer Pumpspeicherkraftwerke. Unsere Stichprobe umfasst den Zeitraum 2015/01/01,01h-2018/06/30,24h. Unser empirisches Hauptmodell baut auf einem „Two-Stage Least Squares Model“ auf, der es erlaubt, kausale Effekte ermitteln. Regressionen von alternativen Modellen (z.B. „three-step residual inclusion model“) bestätigen die Robustheit unserer Ergebnisse.

Rentabilität der österreichischen Pumpspeicherkraftwerke hat mit Zubau von neuen erneuerbaren Energiequellen gelitten

In einem ersten Schritt zeigen wir, dass die stichprobenartig ermittelte durchschnittliche Einspeisung erneuerbarer Energien den DE/AT-Großhandelsspotpreis um etwa 20 €/MWh drückt, relativ zum kontrafaktischen Wert der Nullstromeinspeisung aus erneuerbaren Energiequellen. In einem zweiten Schritt schätzen wir, dass eine marginale Erhöhung des Spotpreises um 1 €/MWh die (industrielle) Rentabilität österreichischer Pumpspeicherkraftwerke um 1,3% drückt. Dies impliziert, dass die durchschnittliche Einspeisung erneuerbarer Energien in den gemeinsamen DE/AT-Spotmarkt bereits für einen Rückgang der Rentabilität österreichischer Pumpspeicherkraftwerke um 25% verantwortlich ist - ein wirtschaftlich erheblicher Effekt. Mit einem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien wird sich dieser Effekt verstärken und damit die Systemintegration von Großspeichern konterkarieren.

Die Betreiber von Pumpspeicherkraftwerken fordern oft staatliche Beihilfen zur Entlastung dieses Problems. In dieser Studie diskutieren und schätzen wir jedoch empirisch, dass eine Erhöhung des Emissionspreises die derzeitige Situation auf der Grundlage von Marktanreizen lösen könnte. Das heißt, dass ein Emissionspreis nicht mit einem abnehmenden Effekt auf den Großhandelspreis für Strom verbunden ist und somit die Rentabilität von und Investitionsanreize für Pumpspeicheranlagen aufrechterhält. Gleichzeitig würde ein Emissionspreis, der hoch genug ist, auch die Emissionen verringern und Anreize für Investitionen in Forschung und Entwicklung im Bereich der erneuerbaren Energiequellen schaffen.

Erneuerbaren Energien drängen die Speicherkraftwerke aus dem Markt

Unsere Studie enthält mehrere Beiträge. Erstens erweitern wir die Literatur über den Merit-Order-Effekt. Wir schätzen nicht nur, wie die erneuerbaren Energien den Großhandelspreis für Strom drücken, sondern auch, wie die Kohlenstoffpreise die Situation verändern. Zweitens, und das ist noch wichtiger, erweitern wir die begrenzte Literatur über das Zusammenspiel von Energiespeichern und intermittierenden erneuerbaren Energien. Unseres Wissens nach ist Liu und Woo (2017) die einzige verwandte Studie, das die Wirkung erneuerbarer Energien auf die Rentabilität von Pumpspeichern für den Fall Kalifornien untersucht. Ihre Studie findet jedoch keine Belege für einen gewinnmindernden Effekt der erneuerbaren Energien, worin sich unsere Ergebnisse unterscheiden. Sinn (2017) bringt das Argument, dass der Anteil der deutschen Wind- und Solarenergie rasch ausgebaut werden könnte, wenn erhebliche Investitionen in Pumpspeicherkapazitäten getätigt würden. Aus dieser Perspektive ist unser Ergebnis, dass die erneuerbaren Energien die Speicher aus dem Markt drängen, eine schlechte Nachricht.

Intensivierung der Kohlenstoffpreisgestaltung als Alternative zur Subventionierung erneuerbarer Energien

Drittens fügen wir die Debatte über die negativen Auswirkungen der Subventionierung erneuerbarer Energien hinzu. Beispielsweise zeigen Liebensteiner und Wrienz (2020), dass subventionierte erneuerbare Energien die Investitionsanreize für die Stromerzeugung aus Gas dämpfen, was jedoch eine besonders flexible Technologie zur Anpassung der Stromerzeugung an die stochastische Einspeisung aus Wind- und Sonnenenergie wäre. Gugler et al. (2019) zeigen, dass subventionierte erneuerbare Energien die adäquaten Investitionsanreize in konventionelle Stromquellen stören, indem sie die Marktunsicherheit erhöhen, was Bedenken hinsichtlich langfristiger Unterinvestitionen aufkommen lässt. Unsere Ergebnisse gehen ebenfalls in diese Richtung und geben Anlass zur Sorge, dass erneuerbare Energien die Wettbewerbsfähigkeit von Energiespeichern untergraben, obwohl ihre Koexistenz grundsätzlich notwendig ist. Die politischen Entscheidungsträger sollten daher über diese potentielle Bedrohung alarmiert sein und können eine Intensivierung der Kohlenstoffpreisgestaltung entweder als Alternative oder zumindest als Ergänzung zur Subventionierung erneuerbarer Energien in Erwägung ziehen.

 

Literatur

  • Gugler, K., Haxhimusa, A., Liebensteiner, M., Schindler, N., 2019. Investment opportunities, uncertainty, and renewables in European electricity markets. Energy Economics 85, 104575.
  • Liebensteiner, M., Wrienz, M., 2020. Do intermittent renewables threaten the electricity supply security? Energy Economics 87, 104499.
  • Liu, Y., Woo, C., 2017. California’s renewable generation and pumped hydro storage’s profitability. The Electricity Journal 30, 15–22.
  • Sinn, H.W., 2017. Buffering volatility: A study on the limits of Germany’s energy revolution. European Economic Review 99, 130–150.