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Projekt
Berufskompatible Kinderbetreuung im ländlichen Raum
Projekt auf einen Blick

Projekt auf einen Blick

Um in ländlichen Regionen dauerhaft eine berufskompatible Kinderbetreuungsinfrastruktur bereitstellen zu können, müssen die Nachteile der geringeren Bevölkerungsdichte und der kleinräumigen Strukturen überwunden werden und sind neue Organisations- und Kooperationsformen in und zwischen den lokalen Betreuungsinstitutionen zu entwickeln.

Dabei geht es insbesondere darum …
… das bestehende Betreuungsangebot und den breiten Zugang dauerhaft zu sichern.
… die Qualität und Bezahlbarkeit der Kinderbetreuung weiterhin zu gewährleisten.
… die Ausrichtung des Betreuungsangebots auf die Erfordernisse des Arbeitsmarkts weiter zu stärken.
… den ungedeckten Betreuungsbedarf weiter zu verkleinern.
… den jeweiligen regionalen und betrieblichen Gegebenheiten angepasste Modelle zu konzipieren.

Interessiert? Dieser Praxisleitfaden zeigt in kompakter Form die notwendigen Schritte, mit denen neue Modelle der Zusammenarbeit entwickelt werden können.

Leitfaden zur Entwicklung neuer Formen der Zusammenarbeit

Ausgangslage

Ausgangslage

Im ländlichen Kontext ist die Bereitstellung einer berufskompatiblen Betreuungsinfrastruktur mit besonderen Herausforderungen verbunden. Eine solche bedarf eines Betreuungsangebots, das über das gesamte Jahr den ganzen Arbeitstag abdeckt und gleichzeitig flexibel entsprechend dem effektiven Betreuungsbedarf beansprucht werden kann. Aus Anbietersicht kann eine breite Angebotspalette nur dann zu attraktiven Kosten bereitgestellt werden, wenn die Auslastung der Betreuungskapazitäten konstant hoch genug ausfällt. In ländlichen und dünner besiedelten Regionen stossen lokale Betreuungsinstitutionen aufgrund der zahlenmässig beschränkten Nachfrage regelmässig an ihre Grenzen. Dies umso mehr, wenn die Betreuungsinstitutionen die Aufbauphase hinter sich gelassen haben und die Bundessubventionen sowie – in vielen Fällen – die während der Pionierzeit zusätzlich geleisteten Unterstützungen in Form von Spenden und Freiwilligenarbeit sukzessive auslaufen.

Projektziel

Projektziel

Ziel des Projekts war die Konzeption und Umsetzung von geeigneten Organisations- und Kooperationsformen bei Kinderbetreuungsinstitutionen in zwei Pilotregionen in Graubünden und St.Gallen. Ein Praxisleitfaden ermöglicht weiteren ländlichen Regionen, geeignete Kooperationsformen im Kinderbetreuungsbereich zu eruieren und zu implementieren. Damit soll ein Beitrag zur Schaffung und zum Erhalt von berufskompatiblen und verlässlichen Betreuungsstrukturen geleistet werden, was u.a. dem Fachkräftemangel entgegenwirkt. 

Umsetzung

Umsetzung

Das Projekt wurde in enger Zusammenarbeit mit den Kinderbetreuungsanbietern in den Pilotregionen realisiert. Um die Projektarbeiten breiter abzustützen, wurde pro Pilotregion zudem eine Begleitgruppe eingesetzt, die neben den Vertreterinnen und Vertretern der beteiligten Kinderbetreuungsinstitutionen und Tageselternorganisationen auch Vertreterinnen und Vertreter aus Politik/Verwaltung und Wirtschaft umfasste.

In einem ersten Schritt wurde die Ausgangslage aus Anbietersicht mittels umfangreicher Dokumenten- und Zahlenanalysen sowie qualitativer Experteninterviews erhoben. Besonderes Gewicht wurde dabei auf die (innerhalb und ausserhalb des Betreuungsbereichs) bereits praktizierten Kooperationsformen sowie auf das künftige Zusammenarbeitspotenzial gelegt. Die Angebotsanalyse wurde anschliessend durch eine Nachfrageanalyse basierend auf Elternumfragen und Gesprächen mit ausgewählten regionalen Arbeitgebern ergänzt. Der Fokus lag hier auf den Anforderungen an ein berufskompatibles Kinderbetreuungsmodell. Im dritten Schritt wurden, abgeleitet aus den gewonnenen Erkenntnissen, mögliche Kooperations- und Organisationsmodelle skizziert und mit den Begleitgruppen diskutiert. Schliesslich wurden auf Basis der Einschätzungen und Bedürfnissen der Projektpartner drei Implementierungskonzepte konkretisiert und gerechnet. Aktuell begleitet die FH Graubünden die Projektpartner in der Umsetzung dieser Implementierungskonzepte.

Resultate

Resultate

Im Projekt wurden die Implementierungskonzepte für eine Pop Up-Kita, eine Wochenendkita sowie ein zentrales Servicecenter erarbeitet. Alle drei Modelle fordern die Betreuungsanbieter dazu auf, zukunftsgerichtete Wachstumsstrategien zu verfolgen. Sie zeichnen sich durch eine gezielte Angebotserweiterung oder Diversifikation sowie die Ausrichtung auf arbeitsmarkt- und regionenspezifische Bedürfnisse aus:

Zentrales Servicecenter

Kinderbetreuungsanbieter einer Region legen ausgewählte Nicht­betreuungsauf­gaben in einem zentralen Servicecenter (ZSC) zusammen. Sie erreichen dies, indem (Variante 1) eine bestehende Geschäftsstelle eines grösseren Betreuungsanbieters betriebswirtschaftliche und administrative Aufgaben für andere Betriebe und (Tageseltern-)Organisationen als Dienstleister übernimmt oder (Variante 2) mehrere Betriebe ihre Nichtbetreuungsbereiche in eine neu gegründete, gemeinsam beauftragte und gemeinsam getragene Organisation auslagern. Die Reorganisation ermöglicht den Betreuungsbetrieben eine Entflechtung von betriebswirtschaftlichen und pädagogischen Aufgaben, (bei kleineren Betrieben) eine bessere Trennung strategischer und operativer Führungsaufgaben und daraus resultierend eine hohe Professionalität auch im Nichtbetreuungs­bereich. Des Weiteren können bei allen Beteiligten Synergie- und Kosteneinsparungspotenziale und beim Dienstleistungserbringer eine neue Einnahmequelle erschlossen werden. Die Inbetriebnahme des ZSC erfolgt stufenweise – ggf. abgestimmt auf vorhersehbare Schlüsselereignisse wie geplante Betriebserweiterungen oder Nachfolgeregelungen für Führungspersonen oder Vorstandsmitglieder. Vorerst beschränkt sich das Leistungsangebot des ZSC auf die Bereiche Finanzen, Personal und Marketing & Vermittlung. Später kann das Leistungsangebot auf die Bereiche Aus- und Weiterbildung, Infrastruktur & Einkauf sowie IT ausgedehnt werden. Die angeschlossenen Kinderbetreuungsanbieter kaufen die Dienstleistungen modulweise ein und entrichten dem ZSC einen fixen Sockelbeitrag sowie von ihrer Betriebsgrösse abhängige Modulgebühren. Das ZSC wird von erfahrenen und mit dem Kinderbetreuungsumfeld vertrauten Fachpersonen geführt, was eine hohe Dienstleistungsqualität und hohe Sensibilität für die Bedürfnisse der Auftraggeber gewährleistet.

Regionale Wochenendkita

Eine oder mehrere Kitas betreiben an einem der bestehenden Standorte gemeinsam eine Wochenendkita für die gesamte Region. Das Zusatzangebot schliesst eine Lücke im heutigen Betreuungsangebot und ist insbesondere für Erwerbstätige und Unternehmen aus Branchen mit durchgehendem 7-Tage-Betrieb von Bedeutung. Die Wochenendkita bietet für Kinder ab 3 Monaten bis 12 Jahren während 48 Wochen eine halb- und ganztätige, flexibel buchbare Betreuungsmöglichkeit. Das Betreuungspersonal wird von den teilnehmenden Kitas bereitgestellt, was die hohe Betreuungsqualität der Wochenendkita gewährleistet. Die Betreuungstarife richten sich nach den Vollkosten des Angebots. Um die Eltern finanziell zu entlasten, wird mit regionalen Unternehmen eine Partnerschaft eingegangen. Die Partner beteiligen sich an den Betreuungskosten, indem sie im Voraus eine gewisse Anzahl Plätze einkaufen und ihren Mitarbeitenden vergünstigt zur Verfügung stellen, oder indem sie ihren Mitarbeitenden Betreuungskosten nachträglich teilrückerstatten. Im Gegenzug profitieren die Partnerfirmen von einer besseren Verfügbarkeit ihrer Mitarbeitenden und einer höheren Arbeitgeberattraktivität. Die Wochenendkita wird im Rahmen eines einjährigen Pilotbetriebs aufgebaut. Bei einer Auslastung von 80-85 Prozent kann ein kostendeckender Betrieb realisiert werden. Für den Aufbau des neuen Betreuungsangebots und bis zur ausreichenden Auslastung kommt eine separate Anstossfinanzierung zum Einsatz. Bis Mitte Juni 2023 bieten sich die Finanzhilfen des Bundes für Projekte zur besseren Abstimmung des familienergänzenden Betreuungsangebots auf die Bedürfnisse der Eltern an.

Pop Up-Kita

In einer Tourismusdestination betreibt eine Kita allein oder gemeinsam mit einem ansässigen Hotelbetrieb, der bereits über ein hoteleigenes Betreuungsangebot (Hotel-Kinderhort) verfügt, in der touristischen Hauptsaison eine Pop-Up Kita. Die Pop-Up Kita ergänzt vorübergehend (z.B. während 5 Wochen der Wintersaison) das bestehende Betreuungsangebot und ist auf die arbeitsmarktseitigen und gästespezifischen Bedürfnisse der Tourismusdestination zugeschnitten. Die Pop-Up Kita bietet den Mitarbeitenden der Tourismusbetriebe sowie Hotel- und Feriengästen zu ausgedehnten Zeiten (7 Tage die Woche, tagsüber und abends) ein institutionelles Betreuungsangebot für Kinder bis 12 Jahre. Die Pop-Up Kita wird in den vorhandenen Räumlichkeiten (Kita und ggf. Hotel-Kinderhort) mit den bestehenden Personalressourcen (Kita, ggf. Hotel-Kinderhort oder Partnerhotels) geführt, was die hohe Betreuungsqualität und die Ausrichtung der Pop-Up Kita auf die Bedürfnisse des Tourismussektors gewährleistet. Die Betreuungstarife richten sich nach den Vollkosten des Angebots. Um die Eltern finanziell zu entlasten, wird mit ansässigen Hotel- und Tourismusbetrieben wiederum eine Partnerschaft eingegangen. Die Partner beteiligen sich an den Betreuungskosten, indem sie im Voraus eine gewisse Anzahl Plätze einkaufen und ihren Mitarbeitenden vergünstigt zur Verfügung stellen, oder indem sie ihren Mitarbeitenden Betreuungskosten nachträglich teilrückerstatten. Im Gegenzug profitieren die Partnerfirmen von einer besseren Verfügbarkeit ihrer Mitarbeitenden und einer höheren Arbeitgeberattraktivität. Hotelbetriebe können sich darüber hinaus an den Betreuungskosten ihrer Hotelgäste beteiligen und ihre Attraktivität für Familien steigern. Die Pop-Up Kita wird im Rahmen eines Pilotbetriebs aufgebaut. Bei einer Auslastung von rund 90 Prozent kann ein kostendeckender Betrieb erreicht werden. Für den Aufbau des neuen Betreuungsangebots ist mit einmaligen Aufbaukosten von rund CHF 14'000 zu rechnen.

Die Kooperation zwischen Kita und Hotel, eine Zusammenarbeit auf Zeit, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort: Die Pop-Up Kita
Team

Team

Dozentin, Wissenschaftliche Projektleiterin
Wissenschaftliche Projektmitarbeiterin
Weiterführende Information

Weiterführende Information

Publikationen

Beteiligte

Das Projekt wurde vom Zentrum für wirtschaftspolitische Forschung (ZWF) durchgeführt und von folgenden Partnern unterstützt: Eidgenössisches Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (Finanzhilfen nach dem Gleichstellungsgesetz, Hauptfinanzierungspartner), Amt für Soziales des Kantons St. Gallen, Stiftung Mercator Schweiz, Gemeinde ThusisFachverband Kinderbetreuung Graubünden.