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Nach der Umsetzung wird evaluiert: digitale Strategien für KMU
Nach der Umsetzung wird evaluiert: digitale Strategien für KMU

Nach der Umsetzung wird evaluiert: digitale Strategien für KMU

Digitale Technologien bieten kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) vielfältige Möglichkeiten. Doch welche Technologien sind zweckdienlich und mit welchen Aufwänden muss gerechnet werden? Das Team des Kompetenzschwerpunkts «Digitale Strategien» entwickelte, erforschte und begleitete zehn Ostschweizer KMU bei der Umsetzung ihrer digitalen Strategie.

Text: Sebastian Früh, Prof. Dr. Kerstin Wagner / Bild: kursiv, eigene Zusammenstellung aus verschiedenen Quellen

Was genau ist überhaupt eine digitale Strategie? Eine digitale Strategie ist im Prinzip eine Geschäftsstrategie. Darin werden Ziele festgehalten, die mit der Nutzung digitaler Technologien erreicht werden sollen. Zudem wird definiert, an welchen Stellen digitale Initiativen bisherige (Offline-)Aktivitäten ergänzen oder ersetzen sollen. So kann eine digitale Strategie dazu dienen, Kundenbeziehungen zu verbessern oder Produkte und Leistungen aufzuwerten bzw. zu erweitern (Ross et al. 2017). Wie auch immer eine digitale Strategie aussieht: Mit der wichtigste Bestandteil ist die Messung der Umsetzungsmassnahmen, die initiiert wurden. Durch die vielfältigen Möglichkeiten zur Messung von Online-Aktivitäten lässt sich heute gut analysieren, ob die eingesetzten Massnahmen zum gewünschten Erfolg führen.

Mit zehn Ostschweizer KMU aus dem Detailhandel, der Landwirtschaft, dem produzierenden Gewerbe und der Sport- und Eventbranche wurden digitale Strategien entwickelt, umgesetzt und evaluiert. Alle beteiligten KMU brachten ganz unterschiedliche Ausgangsbedingungen mit (verfügbare Ressourcen, erste Versuche, Einbindung externer Agenturen) und verfolgten dementsprechend mit ihrer digitalen Strategie ganz unterschiedliche Ziele. Doch eines hatten alle Unternehmen gemeinsam: Sie zielten mit ihrer digitalen Strategie auf eine verbesserte Kundenbindung («Customer Engagement») ab. Gerade dieser Bereich ist ein guter Startpunkt, um erstmalig digitale Initiativen zu lancieren.

 

Aufbau der Kundenbeziehung

Unter den Bereich Kundenbindung fallen sämtliche Aktivitäten, die von den KMU unternommen werden, um eine Beziehung zwischen dem Unternehmen, dem Produkt oder der Marke und der Kundenbasis aufzubauen und pflegen. So eine Beziehung beginnt in dem Moment, in dem die/der (potenzielle) Kundin/Kunde das erste Mal die Website oder den Online-Shop besucht, den Laden betritt oder die Facebook-Seite abonniert. Ab diesem Zeitpunkt gilt es, die Kundenbeziehung aktiv aufzubauen, zu pflegen und im Hintergrund zu managen. Und all das lässt sich nicht von einem Tag auf den nächsten realisieren. Es braucht Zeit, eine gute Kundenbeziehung aufzubauen. Doch langfristig führen diese Aktivitäten zu einer erhöhten Bindung zum Produkt, einer stärkeren Identifikation mit dem Unternehmen und einer höheren Kundenzufriedenheit.

Hierfür nutzen die KMU eine sinnvolle Kombination von (On- und Offline-)Kanälen, um mit ihren Kundinnen und Kunden ab der ersten Produktrecherche in einen Austausch entlang der «Customer Journey» zu treten. Entlang dieser «Customer Journey» kommt die Kundin oder der Kunde über mehrere Kontaktpunkte mit dem Produkt bzw. der Dienstleistung, der Marke und/oder dem Unternehmen in Berührung. Dies mündet dann irgendwann in eine Zielhandlung, z. B. in einen Kauf oder eine Anfrage (Holland & Flocke 2014). Im Folgenden werden beispielhaft strategische Zielsetzungen der beteiligten KMU und die dazugehörigen Massnahmen aufgezeigt. Die Massnahmen wurden nach drei bis sechs Monaten ausgewertet, einer Wirkungsanalyse unterzogen und entsprechend angepasst.

 

Digitale Strategien von KMU mit dem Ziel der Kundenbindung («Customer Engagement»)

Entwickeln

  • Online-Besucher mit personalisierten Angeboten zu wiederkehrenden Besuchern und treuen Kunden machen
  • Kundenbeziehungen zu Privatkunden (B2C) aus dem Ladengeschäft online verlängern (z. B. zu Folgebestellungen motivieren)
  • Neue Privatkunden (B2C) über soziale Netzwerke ansprechen und binden
  • Gezielte, segmentierte Angebote für die Kundensegmente B2B und B2C auf der Website anbieten

Umsetzen

  • Promotion von Neukunden und Abonnenten über Partner-Links (Websites, Social Media)
  • Bewerbung ausgewählter Produkte im Ladengeschäft (Flyer, Fähnchen oder Aufkleber) für die jeweiligen Produktseiten im Online-Shop
  • Einbinden bestehender Kundendaten aus dem Ladengeschäft in
    E-Mail-Newsletter/Mailings
  • Aufsetzen von Micro-Pages für Themen oder Produkte (inkl. Shop-Elemente)

Messen

  • Aus den Interaktionen der Nutzer in den sozialen Medien quantifizierbare Erfolgsmerkmale ableiten
  • Volumen und Herkunft von Traffic-Massnahmen auf den Produktseiten des Online-Shops über Google Analytics analysieren
  • «Conversion Rates» (messbare Zielhandlungen) der jeweiligen Zielwebseiten berechnen
  • Wert des Warenkorbs nach Herkunft der Besucher auswerten und Angebote nach Attribution anpassen

Wenn für die gesteckten Ziele die geeigneten Kanäle ausgewählt werden, muss das Verhältnis von Erträgen zu Aufwänden in die Überlegungen mit einbezogen werden. Möglicherweise beeinflussen bestimmte Rahmenbedingungen die Entscheidungsfindung, sei es, weil Mitarbeitende bestimmte Vorkenntnisse mitbringen oder eine Agentur bereits als Dienstleisterin eingebunden ist. Ganz generell sollte der operative Aufwand nicht unterschätzt werden (Einarbeitung, Set-up, operativer Betrieb, Optimierung und Weiterentwicklung).

Der Umsetzungsprozess findet kontinuierlich statt und die gestarteten Massnahmen müssen laufend evaluiert und optimiert werden. Doch obwohl die digitalen Initiativen ressourcenintensiv sind, sollten die Geschäftsführenden bzw. Marketingverantwortlichen in den KMU nicht die Mühe scheuen, sich mit dem Thema selbst zu befassen. Werden diese Aktivitäten vollständig an eine externe Agentur ausgelagert, wird es schwerfallen, die strategischen Ziele mit den technischen und analytischen Anforderungen in Einklang zu bringen und mit den Aktivitäten echte Mehrwerte zu erzielen.

Bildquelle: Eigene Zusammenstellung aus Facebook Analytics, Google Analytics, bit.ly.

Literatur

  • Holland, H. & Flocke, L. (2014): Customer-Journey-Analyse – Ein neuer Ansatz zur Optimierung des (Online-)Marketing-Mix. In: Holland, H. (Hrsg.): Digitales Dialogmarketing. Grundlagen, Strategien, Instrumente. S. 825-855. Springer Gabler.
  • Ross, J.W., Sebastian, I.M. & Beath, C.M. (2017): How to Develop a Great Digital Strategy. MIT Sloan Management Review. Vol. 58, No. 2.

Beitrag von

Sebastian Früh

Projektleiter, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Schweizerisches Institut für Entrepreneurship (SIFE)

 

Kerstin Wagner, Prof. Dr.

Professorin für Allgemeine BWL und Entrepreneurship, Schwerpunktleiterin, Schweizerisches Institut für Entrepreneurship (SIFE)