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Chancen für Berggebiete

Welche Chancen bietet die nachhaltige Entwicklung für das Berggebiet?

30. August 2023

Am 3./4. Oktober wird in Klosters an der Tagung die Zukunft der Berggebiete zum Thema. Und damit auch die Frage, welche Möglichkeiten sich mit der notwendigen nachhaltigen Entwicklung eröffnen.

Anmeldung für die Tagung online über www.fhgr.ch/zukunftberggebiete

Werner Hediger von der Fachhochschule Graubünden (siehe Interview) wird zum Tagungsauftakt die Fragestellungen und Möglichkeiten für die Regionalentwicklung aufzeigen. Die Teilnehmenden werden dann an der Tagung gemeinsam erkunden, wie Berggebiete wirtschaftlich florieren können, ohne dabei die natürlichen Ressourcen und die soziale Verantwortung zu vernachlässigen.

Der Tagungsauftakt mit dem Input-Referat von Werner Hediger aus dem ZWF ist für die Öffentlichkeit frei zugänglich (Dienstag, 3. Oktober, 18.30 Uhr, Saal ev. Kirchgemeindehaus Klosters Platz). Aus organisatorischen Gründen ist eine Anmeldung erwünscht.

Interview mit Prof. Dr. Werner Hediger

"Wir müssen langfristig denken – und dann auch handeln"

Professor Dr. Werner Hediger, Leiter des Zentrums für wirtschaftspolitische Forschung der Fachhochschule Graubünden beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit nachhaltiger Entwicklung. Sein Input-Referat eröffnet am 3. Oktober die Tagung "Zukunft Berggebiet" in Klosters. Im Gespräch mit Georg Fromm, Regionalentwickler Prättigau/Davos, erläutert er, wie nachhaltiges Denken und Handeln eigentlich verstanden werden sollten.

Herr Hediger, der Begriff nachhaltig wird heute inflationär verwendet, rasch ist in Diskussionen auch die Rede von einer leeren Floskel, die alles und nichts bedeute. Das Tagungsthema ist nun "Zukunft Berggebiet: im Aufwind der nachhaltigen Entwicklung" – wie interpretieren sind das?

Werner Hediger: Der Tagungstitel gefällt mir sehr. Es ist wichtig, dass man von nachhaltiger Entwicklung spricht, und nicht nur von Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit an sich ist eine statische Vorstellung, bedeutet bei enger Betrachtung eine Einschränkung der Möglichkeiten. Die nachhaltige Entwicklung führt aber längerfristig zu einer Erweiterung der Möglichkeiten, es ist ein dynamisches Konzept. Neues soll zugelassen werden und soll Bestehendes auch ablösen – unter der Voraussetzung, dass die neue Lösung dann mindestens gleichwertig ist wie die bisherige.

Wo wird Nachhaltigkeit denn zum Beispiel falsch verstanden?

Werner Hediger: Es gibt ja diese klassische Begriffserklärung aus der Holzwirtschaft: man soll nur so viel Holz schlagen, wie auch nachwächst. So ist Nachhaltigkeit aber nur ein Korsett. Das ursprüngliche Modell aus der Holzwirtschaft ist viel umfassender, hatte zum Beispiel einen Bezug zum Bergbau und zur Regionalentwicklung, einschliesslich den Auswirkungen auf Natur und Gesellschaft.

Das Thema Nachhaltigkeit steht überall zuoberst auf der Agenda, der Bund hat die Zielsetzungen der UNO übernommen, es werden Programme umgesetzt und Massnahmen konzipiert, auch in der Regionalentwicklung - aber wo stehen wir denn als Gesellschaft bei diesem Thema?

Werner Hediger: Für eine nachhaltige Entwicklung müssten wir kurzfristig Restriktionen oder Einschränkungen in Kauf nehmen, damit wir in Zukunft mehr – oder mindestens nicht weniger – haben. An diesem Punkt sind wir eigentlich. Insgesamt möchten wir als Gesellschaft aber immer noch mehr haben, wollen aber auf nichts verzichten; doch das funktioniert so einfach nicht. Manchmal habe ich das Gefühl, man verweigert sich diesen Überlegungen, man will es gar nicht wissen, beurteilt es als zu komplex.

Ohne Tourismus geht es in der Region Prättigau/Davos, gerade auch in Davos Klosters, nicht. In Nachhaltigkeits-Diskussionen höre ich da und dort, Tourismus sei per se nicht nachhaltig, könne es gar nicht sein. Was sagen Sie denn zu solchen Einschätzungen?

Werner Hediger: Für eine Region, die wirtschaftlich vom Tourismus getragen wird, ist diese Aussage falsch. Wenn der Tourismus im Extremfall verschwindet, gibt es keine Arbeitsplätze mehr und die Bevölkerung wandert ab.  Die Entwicklung wäre dann negativ, was kaum jemand als nachhaltig bezeichnen würde.

Trotzdem ist es unbestritten, dass es beim Tourismus in Sachen Nachhaltigkeit Nachholbedarf gibt…

Werner Hediger: Oft wird ja in Extremen gedacht: entweder alles bewahren oder dann den Gewinn kurzfristig maximieren. In der nachhaltigen Entwicklung muss es aber um einen Kompromiss gehen zwischen den Ansprüchen der heutigen Generation und dem Bewahren für die zukünftige Generation.  Wir haben eine Verantwortung, dass wir die Regionen, in welchen wir leben, auch für zukünftige Generationen lebensfähig erhalten. Kurzfristige Gewinnmaximierung steht im Widerspruch dazu, wir müssen langfristig denken – und dann auch dementsprechend handeln.